Karl Nolle, MdL

DNN, 12.05.1999

SPD-Fraktionschef mit guten Chancen auf Landtagsmandat

Leonhardt auf dem Weg zum Doppel-Parlamentarier
 
DRESDEN. Wenn nicht alle Stricke reißen, wird SPD-Fraktionschef Albrecht Leonhardt ab Herbst Landtagsabgeordneter und neben der PDS-Chefin und Bundestagsabgeordneten Christine Ostrowski der zweite Doppel-Parlamentarier im Dresdner Stadtrat sein. Leonhardt rangiert auf der Landesliste der SPD auf dem aussichtsreichen Platz 20. Wenn die Sozialdemokraten zumindest wieder auf ihre jetzigen 22 Sitze im Landtag kommen und kein hinter ihm plazierter Kandidat ein Direktmandat erringt, ist er drin. Und bis zu Platz 20 müsse es mindestens reichen, wenn die SPD tatsächlich die absolute Mehrheit der CDU brechen wolle, meint Leonhardt.
Als direkten Gegner im Wahlkreis 45 (Loschwitz/Leuben/Prohlis) steht ihm CDU-Prominenz gegenüber: Landtagspräsident Erich Iltgen (CDU). "Erich ist hier lange genug gewählt worden", so Leonhardts Motto - womit er keineswegs Iltgen mit Honecker vergleichen wolle. Bis am 19. September die Wahllokale schließen, liegen noch über vier Monate Wahlkampf vor ihm, für die Nur-Kommunalpolitiker ist der gröbste Streß in fünfeinhalb Wochen vorüber. 14 Tage Urlaub auf Madeira im Juli sollen allerdings drin sein.
Klappt es mit dem Landtagsmandat, hängt er seinen Job als Abteilungsleiter im Institut für Festkörper- und Werkstofforschung an den Haken. Den Schritt habe er sich reiflich überlegt: "Den Beruf aufzugeben, ist immer mit einem Risiko verbunden."
Theoretisch hat er zwar Anspruch darauf, nach fünf Jahren wieder auf seinem jetzigen Stuhl zu sitzen. Praktisch sieht das anders aus: Fachwissen von Naturwissenschaftlern hat eine kurze Halbwertszeit. Der Weg ins Parlament kann für ihn zur Einbahnstraße werden. "In fünf Jahren bin ich von der Wählergunst abhängig", sagt Leonhardt. Anders ist es bei Lehrern mit langfristigen Lehrplänen, weshalb FDP-Nestor Otto Graf Lambsdorff frotzelte: "Die Parlamente sind mal voller und mal leerer, aber immer voller Lehrer."
Dem Berufspolitiker, der er ab September selbst sein könnte, steht Leonhardt nicht unkritisch gegenüber. Den Politprofis, die von jung an über die Partei in Ämter und in Parlamente kämen, fehle die Sichtweise derjenigen, die im klasssichen Berufsalltag stehen. Das ziehe sich durch alle Parteien, FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle sei ein Beispiel dafür. Das Gegenbeispiel, den politischen Quereinsteiger, repräsentiert Leonhardts möglicher zukünftiger Landtagskollege, der Verleger und Unternehmer Karl Nolle. Er steht auf Platz 6 der SPD-Landesliste.
Im Landtag will Leonhardt vor allem mitreden, wenn das Land über die Finanzen der Kommunen entscheidet. Dort wird er wohl auch Fraktionschefs aus anderen Ecken Sachsens treffen. Im Gegensatz zu seinem Kollegen aus dem Erzgebirgischen etwa hat Leonhardt jedoch den Joker gezogen: Vom Rathaus am Dr.-Külz-Ring zum Landtag sind es nur ein paar Minuten zu Fuß - Basis für eine Politik der kurzen Wege.
"Der Kandidat ist über die Landesliste abgesichert". Dieser oft zitierte Satz verweist darauf, daß über die Zusammensetzung des Bundes- und des Landtages nicht die Direktmandate, sondern der Stimmanteil der Parteien entscheidet. Sonst säßen im sächsischen Parlament derzeit nur CDU-Abgeordnete, weil die bei der Wahl 1994 alle 60 Wahlkreise gewannen. Die Differenz zwischen den Sitzen pro Partei und den von ihr gewonnenen Direktmandaten wird über die Landesliste der Partei aufgefüllt. Bei der CDU (58,1% gleich 77 Sitze) rückten so weitere 17 Kandidaten ins Parlament, bei der SPD 22. Als "abgesichert" gilt, wer auf einem Listenplatz steht, der zuletzt klar für ein Mandat reichte.
(Stefan Alberti)

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