MOPO Dresden, 23.11.2002
Rechnungshof soll aufklären, Staatsanwalt schaltet sich ein
Verdacht der "Vorteilsnahme" und "Veruntreuung von Staatsgeld"
DRESDEN - Die Staatsregierung und die angebliche Wahlkampf-Spende aus der Landeskasse: Nach drei Tagen sind die Vorwürfe noch immer ungeklärt. Doch nach der Schock-Starre kommt jetzt Bewegung in die Sache: Wirtschaftsminister Martin Gillo will den Landes-Rechnungshof um Hilfe bitten, die Staatsanwalt überlegt, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten.
So leicht ging's dann doch nicht: Die Regierung hatte die Vorwürfe der Brüder Rittinghaus (Ex-Sachsenring-Bosse) schon als „erledigt" befunden. In den Akten stand zwar, dass Ex-Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) die Fördermittel
für die Sachsenring AG (SAG) um vier Millionen Mark erhöhte.
Die SAG sollte damit einen Kredit des Zentrums Mikroelektronik Dresden (ZMD) bezahlen, das von der SAG übernommen wurde, „Unsinn", sagt Rittinghaus-Anwalt Reiner Füllmich: „Der Kredit wurde aus anderen Mitteln bezahlt.“ Die Ex-Sachsenring-Chefs bleiben dabei: Die Staatsknete gab's für die CDU-nahe Wahlkampf-Kampagne „Sachsen für Sachsen".
Die Brüder blasen jetzt zum Angriff, fordern vom Freistaat mindestens 7,5 Millionen Euro. Füllmich: „Meine Mandanten wurden in die Insolvenz getrieben, haben großen Schaden erlitten." Scheitert ein Vergleich, wollen sie gegen den Freistaat vor Gericht gehen.
Gestern Nachmittag sprach Minister Gillo ein Machtwort: „Der Rechnungshof soll alles prüfen, alle Akten werden offen gelegt." - Der Rechnungshof ist eine unabhängige Behörde, hat schön viele Förderfälle überprüft. Gillo forderte die Brüder Rittinghaus zur Kooperation auf: „Alles soll schnell, fair und unabhängig aufgeklärt werden.
Unterdessen prüft die Staatsanwaltschaft Dresden den Verdacht der „Vorteilsnahme" und „Veruntreuung von Staatsgeld". „Noch haben wir wenig Substanz", sagt Sprecher Klaus Rövekamp. Sollte sich der Verdacht erhärten, muss die Regierung mit einem Ermittlungsverfahren rechnen.
(von Stefan Locke)