Süddeutsche Zeitung, Landkreis Starnberg, 09.11.2002
Überraschende Wende im Fall Fischer
Behörden stellen Tonbandmitschnitte nicht mehr als Fälschungen dar
HERRSCHING/DRESDEN. Die offenbar heimlich aufgenommenen Gespräche zwischen dem Herrschinger Banker Kurt Fischer und dem Privatdetektiv Rainer K. vom Oktober 1995 haben jetzt auch den obersten Datenschützer in Sachsen, Thomas Giesen, auf den Plan gerufen. Über die dubiosen Geheimprotokolle sagte der Datenschützer der sächsischen Presse: "Das Verfahren riecht streng. Hier wird die Staatsanwaltschaft noch einiges erklären müssen."
Wie berichtet, waren vor kurzem Tonbänder aufgetaucht, die Fischer als Ex-Kreissparkassenchef von Mittweida entlasten. Ihm war eine geplante Entführung von CDU-Landrat Andreas Schramm vorgeworfen worden, wofür er zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt worden war. Fischer bestreitet die Tat.
Dem Datenschützer geht es vor allem um einen bereits 1998, dem Landgericht Zwickau vorgelegten Tonbandmitschnitt zur möglichen Entlastung Fischers. Damals soll noch im Gerichtssaal das Band beschlagnahmt worden sein, das seitdem aber verschwunden ist. Für Giesen sei dies ein „absurder" Vorgang.
Nach weiteren Berichten sind nun die Ermittlungsbehörden davon abgewichen, die brisanten Mitschitte als Fälschungen darzustellen. Denn auch der SPD-Landtagsabgeordnete
Karl Nolle hatte auf die frühzeitig bekannt gewordenen „illegalen Gesprächsmitschnitte“ verwiesen. Der Fall Fischer gilt als erster Großer Lauschangriff im Freistaat Sachsen. Es sei sehr erfreulich, dass sich jetzt der Datenschützer eingeschaltet hat sagte Fischer gestern auf SZ-Nachfrage. Und: "Diese Wende ist überfällig, weil die sächsische Justiz spätestens seit 1998 über die wahren Hintergründe informiert gewesen ist."
(von Christian Deussing)