Karl Nolle, MdL

Freie Presse Online, 25.10.2002

Eine symbolische Geste kostet Freistaat fünf Millionen Euro

Sachsens Ministerpräsident Milbradt spielt Außenpolitiker und verteilt Wohltaten für Hochwasseropfer in Tschechien - Dafür bekommt er Beifall aus der SPD
 
DRESDEN. Ein reicher Onkel in Deutschland kann nicht schaden. Als der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt vor ein paar Tagen nach Böhmen reiste, präsentierte er sich als solcher und übergab staatsmännisch ein kleines Gastgeschenk: Fünf Millionen Euro Fluthilfe für die armen Vettern jenseits des Freistaats. Doch zumindest in der Heimat fiel der Applaus verhalten aus.
In einem offenen Brief an die Sächsische Staatskanzlei empört sich Hans-Joachim Artmeyer. Er habe zwar Verständnis für die Flutopfer jenseits der Grenze, so der Rechtsanwalt aus Hainichen, der selbst Flutopfer vertritt. Doch mache es ihn „sprachlos, wenn einerseits die Haushaltssituation im Lande kritisch bis desolat ist, zum anderen noch Millionenopfer für die Schäden hier aufgebracht werden müssen.“ Das sei nicht angemessen. Er könne nicht einsehen, dass die Steuern mit Verweis auf die Flutkatastrophe erhöht und gleichzeitig das Geld an andere verteilt werde - „obwohl wir es selbst in der eigenen Infrastruktur und auf dem Arbeitsmarkt viel eher benötigen.“ Diese Handlungsweise gleiche der eines Sozialhilfeempfängers, der einen neuen Fernsehapparat für 5000 Euro an den Nachbarn verschenkt, obwohl er den Apparat noch gar nicht bezahlt habe, sondern noch abstottern müsse.

Milbradts Besuch in Böhmen - der erste eines deutschen Politikers nach der Flut - sei eine symbolische Geste gewesen, die der Nachbarn „sehr positiv“ aufgenommen hätte, rechtfertigt Regierungssprecher Christian Striefler die Gabe. Der Betrag - fünf Millionen Euro - sei im Verhältnis zu der Summe, die der Bund für die Hochwasseropfer in Deutschland zur Verfügung stelle - sieben Milliarden Mark - doch eher klein. Für die Tschechen, die von ihrem Staat lediglich 100 Millionen Euro Fluthilfe bekämen, seien fünf Millionen Euro wiederum „sehr, sehr viel“.

Unerwarteten Beifall bekommt Milbradt auch vom SPD-Landtagsabgeordneten Karl Nolle. „Das ist total in Ordnung“, findet Nolle, auch wenn es sich bei dem sächsischen Geschenk nur um einen „symbolischen Beitrag“ handeln würde.

Der Bund, der ja für die Pflege der auswärtigen Beziehungen verantwortlich ist, sieht die Notwendigkeit einer solch teuren Symbolik übrigens nicht. Aus dem nationalen Hilfsprogramm fließen alle Gelder in deutsche Regionen, beteuert eine Sprecherin im Finanzministerium. Sie verweist allerdings auch auf die Hilfen der Europäischen Union, die Tschechien ja beantragen könne, da die Gelder auch für Länder zur Verfügung stünden, die noch nicht Mitglied der EU seien.

Derweil sehen die Sachsen zu, wie sie die schlimmsten Schäden vor dem Winter beseitigen können - und sind noch lange nicht am Ende damit. In Olbernhau etwa gibt es noch immer Geschäfte, die ihre Waren aus der Bude heraus verkaufen müssen. Bürgermeister Steffen Laub hält sich tapfer an der Seite von Parteifreund Milbradt: „Ich halte es für richtig, was Milbradt gemacht hat, weil das Geld einem ganz besonderen Zweck dient: dem Aufbau der Verkehrsstruktur.“

Stimmt - und stimmt nicht. Milbradt hatte zwar bei seinem Besuch in Böhmen in einer schönen Rede betont, der Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur müsse gemeinsam angegangen werden. Doch war dies nur ein netter Wink mit dem Zaunpfahl. Zweckgebunden, so hört man im Umfeld der Staatsregierung, soll die Millionenspende nämlich nicht gewesen sein.
(Johannes Fischer )

Karl Nolle im Webseitentest
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