Agenturen umweltruf-ticker, 05.11.2002
Mittweida (Sachsen): Landratsamt erstattet Strafanzeige
Verdacht auf unerlaubtes Betreiben einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage
MITTWEIDA. Das Landratsamt Mittweida hat bei der Staatsanwaltschaft Chemnitz eine Anzeige gegen den Geschäftsführer der Firma Gum Tec, Gemeinde Tiefenbach, wegen Verdachts auf unerlaubtes Betreiben einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage eingereicht. SPD Landtagsabgeordnete
Karl Nolle befürchtet negative Auswirkungen auf das Image des Landkreises Mittweida als Wirtschaftsstandort. "Ein dem Amt vorliegendes Protokoll des Staatlichen Umweltfachamtes Chemnitz bestätigt, dass am Standort genannter Firma in jüngster Zeit illegal überwachungsbedürftige Abfälle (Reifen) abgelagert wurden", heißt es dazu in einer Presseerklärung. Bis Freitag habe der Gum Tec-Geschäftsführer gegenüber der Behörde weder die in seiner Genehmigung geforderte Sicherheit für das Betreiben der Anlage nachgewiesen, noch sei durch ihn deren Inbetriebnahme angezeigt worden. "Parallel zur Strafanzeige leitet das Landratsamt gegenüber dem Betreiber durch dessen Verhalten notwendig gewordene verwaltungsrechtliche Maßnahmen ein", heißt es abschließend aus der Behörde.
Gum Tec-Geschäftsführer Gerald Schmidt wies alle Vorwürfe seitens des Landratsamtes zurück. Am 2. Januar 2003 werde die Firma ihren Geschäftsbetrieb aufnehmen. Zurzeit werde der Lagerbestand aufgefüllt. Alle dafür notwendigen Zertifikate seien vom Regierungspräsidium genehmigt und liegen vor.
Erst jüngst hatte sich der SPD Landtagsabgeordnete Karl Nolle für den "Jungunternehmer" mächtig ins Zeug gelegt. Anläßlich seiner Pressekonferenz am 8. Oktober hatte Nolle über 23 Fällen von Betrug, Rechtsbeugung, Untreue und Vorteilsnahme im Landkreis Mittweida berichtet. Seine politischen Gegner bezeichnete Nolle als " mafiose CDU-Amigos in Sachsen". .Auch die geplante Firma des Gerald Schmidt spielte eine Rolle:
Das Unternehmen, Investor G. Schmidt, beabsichtige, so Nolle auf seiner Pressekonferenz in Dresden, in der Gemeinde Tiefenbach , Landkreis Mittweida, die Errichtung einer Produktionsstätte für Gummigranulate und Gummimehle sowie für Industriegummibeläge zu errichten, deren Produkte zum überwiegenden Teil auf internationalen Märkten abgesetzt werden. Hierzu liegen derzeit Bestellungen und Verträge vor, die die mögliche Kapazität der Anlage mit ca. 120% als überzeichnet darstellen.
Im Rahmen des durchgeführten Genehmigungsverfahrens, welches im Rahmen der Reaktivierung einer ehemaligen Industriebrache erfolgte, wurde mit Datum vom 08.01.2002 ein in allen entscheidenden Punkten positiver Genehmigungsbescheid vom Landratsamt Mittweida erteilt.
Einziger aber wirtschaftlich entscheidender Punkt ist, daß für das Investitionsvorhaben zusätzlich zur Investition eine Sicherheitsleistung von ca. 17% der Investitionssumme (rund 350.000,00 EUR) vom Landratsamt Mittweida gefordert wird. Diese Sicherheitsleistung wird damit begründet, daß es sich um ein Abfallentsorgungsunternehmen handele. Alle Stellungnahmen und Gutachten von unabhängiger Stelle (so z.B. IHK Chemnitz), die die Begründung des LRA zu Sicherheitsleistungen widerlegen und die Bezugnahme auf aktuelle renommierte Gesetzeskommentare (so z.B. Dr. Feldhaus) werden vom LRA Mittweida nicht in die Bewertung mit einbezogen.
Die Bemühungen von Gumtec eine vertretbare Lösung dieses Problems gemeinsam mit dem LRA zu schaffen, sind gescheitert. So ist derzeit auf Gumtec-Initiative Regierungspräsident Nolze persönlich mit dem Vorgang befasst, ließ aber inzwischen mitteilen, daß er trotz eigener konstruktiver Einsichten unseren Landrat Dr. Schramm nicht vom Abrücken von seinen Auflagen bewegen kann.
Die Gumtec hat als mittelständisches Unternehmen seit 1997 an diesem Projekt gearbeitet und befürchten nun in der Realisierungsphase durch diese vom Gesetzgeber nicht herausgestellten Auflagen das Gesamtprojekt zu gefährden. Dabei ist besonders bedauerlich, daß im Gegenzug zu den Aktivitäten des LRA Mittweida Abteilung Bauen und Umwelt, die Sächsische Aufbaubank in Zusammenarbeit mit der Abteilung Wirtschaftsförderung des selben Landratsamtes für eine ca. 25%-ige Subventionierung der Investition in diesen Produktionsbetrieb gesorgt hat. Dies bedeutet etwa, daß die gesamte Subvention dem LRA als Sicherheitsleistung zufließen würde. Der Investor geht davon aus, daß kein Rechtsgrund für die Forderung nach einer Blanco-Sicherheitsleistung noch dazu in Bar besteht. Landrat Schramm läßt sich von seinem irrigen Standpunkt nicht abbringen und hat in diesem Sinne auch den Regierungspräsidenten zu keiner Änderung veranlaßt.
weitere Informationen:
Sachsen: MDR Journalisten Christoph Lötsch gefeuert
Lötsch hatte dem Mittweidaer Landrat eine Reihe von Fragen gestellt. Sein Beitrag soll bereits "im Kasten" gewesen sein, als er von seiner Funkhauschefin erfuhr, dass seine freie Mitarbeit beim MDR beendet sei. Fragen wie: "Werden sich ihrer Ansicht nach die Fälle Gum Tec und HMK/Penig positiv oder negativ auf das Image des Landkreises Mittweida als Wirtschaftsstandort auswirken?" hatten, so vermutete Nolle den Zorn des Landrates hervorgerufen und der soll dann für den "Rauswurf" gesorgt haben.
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Regenrückhaltebecken wurde plötzlich zur Wasserskianlage
Mit detaillierten Kenntnissen will Nolle, der mit seiner Pressekonferenz den "Stein ins Rollen" brachte, der Staatsanwaltschaft "unter die Arme" greifen.
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