Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 04.11.2002

LKA geht in die Offensive: "Dubioses Band ist Fälschung"

Bizarrer Justizfall aus dem Ostsächsischen gerät endgültig zur Räuberpistole.
 
DRESDEN. Jähe Wende im Entführungsfall Fischer/Schramm: Nach dem Auftauchen einer dubiosen Minikassette mit Geheimprotokollen am Freitag in Dresden gingen das sächsische Landeskriminalamt (LKA) sowie die Staatsanwaltschaft gestern in die Offensive. Tenor: Die anonym der Öffentlichkeit zugespielten Tonträger seien gefälscht, dahinter stehe kein anderer als der ehemalige Sparkassenchef von Mittweida, Kurt Fischer. Gleichzeitig kündigte LKA-Sprecher Lothar Hofner an, das Vorgehen des Bankers "strafrechtlich zu prüfen".

Nach LKA-Angaben hat sich der Ex-Hauptbelastungszeuge im Prozess gegen Fischer, der Privatdetektiv Rainer Kapelke, bereits im Februar 2002 an die Polizei gewandt und mitgeteilt, der Sparkassenchef "erwarte von ihm ein anderes Aussageverhalten". Diese Versuche der Einflussnahme hätten im September schließlich zu einer Anzeige von Kapelke bei der Staatsanwaltschaft Chemnitz geführt. Grund: Fischer habe ihn "zur Herstellung von Mitschnitten nachgestellter und inhaltlich veränderter Gespräche gedrängt"; andernfalls werde er ihn "wirtschaftlich ruinieren". Kapelke habe sich dann im Oktober dem Druck gebeugt - und sei auf den dubiosen Deal eingegangen.

Damit gerät der bizarre Justizfall aus dem Ostsächsischen endgültig zur Räuberpistole. Denn die Gründe für das Einlenken des Detektivs blieben gestern mehr als unklar. Das LKA vermeldete dazu lediglich: Kapelkes Motive seien "bekannt und nachvollziehbar", zumindest für die Strafverfolgungsbehörden. Fazit: Die Ermittler sehen sich bestätigt, es gebe keinen Anlass, von früheren Positionen abzurücken.

Genau das hatte im Vorfeld für einige Aufregung gesorgt. Erst gestern wurde bekannt, dass der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle das Tonmaterial bereits am Freitag an den sächsischen Generalstaatsanwalt Jörg Schwalm geschickt und gleichzeitig Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet hatte. Tenor: "Verdacht der Beweisunterdrückung". Offen sei, so Nolle, ob die aufgetauchten Tonträger in die bisherigen Gerichtsverfahren "bewusst nicht eingebracht" wurden - zu Ungunsten von Fischer, von wem auch immer.

Mit einigem Grund: Auf dem Band befanden sich Aufzeichnungen zweier Treffs zwischen Fischer und Kapelke vom Oktober 1995. Zwar war unklar, ob die Mitschnitte authentisch waren; dafür stand aber fest, dass sie bei Echtheit den wegen Verabredung zu erpresserischem Menschenraub zu drei Haft verurteilten Fischer nachträglich entlasten würden. Treibende Kraft der geplanten Entführung, so legten es die Protokelle nahe, sei nicht der Banker gewesen, sondern der Detektiv. Die bisherige Urteilsfindung wäre komplett auf den Kopf gestell worden.

Das hat mit dem bisherigen Gang der Prozesse zu tun. So stützten sich die Gerichte in verschiedenen (Revisions-) Verfahren vor allem auf die Aussage des Hauptbelastungszeugen Kapelke. Der Detektiv mit Geheimdiensterfahrung aus früheren Jahren sollte ursprünglich für Fischer die Vergangenheit des Mittweidaer Landrats Schramm ausforschen, mit dem er über Kreuz lag. Kapelke aber hatte sich der Polizei offenbart und die Entführungspläne dann vor Gericht bezeugt.

Das LKA hatte bereits am Freitag darauf bestanden, den Ermittlern lägen keine Erkenntnisse über solche Mitschnitte vor. Fischer hat die geplante Entführung stets abgestritten.
(von Jürgen Kochinke)



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