Karl Nolle, MdL

Agenturen, dpa, 11.59 Uhr, Wochendzusammenfassung, 03.11.2002

«Spiegel»-Bericht: Tonband wirft neue Fragen in Fall um versuchte Entführung auf

Der Polizei sind die angeblichen Mitschnitte nicht bekannt
 
(Dresden (dpa/sn) - Im Fall der geplanten Entführung des CDU- Landrates Andreas Schramm vor sieben Jahren werfen rätselhafte Tonband-Aufzeichnungen neue Fragen auf. Wie die «Sächsische Zeitung» und die «Dresdner Neuesten Nachrichten» (Samstag) berichten, entlasten die jüngst aufgetauchten Mitschnitte den früheren Sparkassendirektor von Hainichen, Kurt Fischer, der wegen des Falles eine Gefängnisstrafe absitzen musste. LKA-Sprecher Lothar Hofner sagte am Sonntag auf Anfrage, der Polizei seien die angeblichen Mitschnitte nicht bekannt.

Der SPD-Landtagsabgebeordnete Karl Nolle bestätigte am Samstag, dass auch ihm ein Tonband anonym zugespielt worden sei. Darauf seien vermutlich zwei Gespräche zwischen Fischer und dem Privatdetektiv Rainer Kapelke aufgezeichnet, die die Unschuld des Ex-Bankers beweisen könnten. Unklar sei, ob die Aufzeichnungen authentisch seien.

Das Chemnitzer Landgericht hatte Fischer 1996 zu drei Jahren Haft verurteilt. Die Richter waren zu der Auffassung gekommen, dass er im Herbst 1995 mit Kapelke die Entführung des CDU-Landrats von Mittweida plante. Die Aktion sollte ein Lösegeld von 16 Millionen Mark erbringen. Der Detektiv offenbarte sich aber der Polizei, die Fischer anschließend durch Tonbandmitschnitte überführte. Fischer und Schramm sollen Intimfeinde gewesen sein. Die Ermittlungen in dem Fall hatten Aufsehen erregt, weil das Landeskriminalamt (LKA) den ersten großen Großen Lauschangriff in Sachsen gestartet hatte.

Das Urteil des Zwickauer Landgerichts, das 1998 die Haftstrafe bestätigt hatte, stütze sich auf zwei Gespräche Fischers mit Kapelke im Oktober 1995, sagte Nolle. Die in der Begründung der Richter beschriebene Gesprächssituation stimme mit jener auf dem jetzt aufgetauchten Band überein. Der Tenor der Unterhaltung sei jedoch deutlich anders als im Urteil beschrieben. «Geht man davon aus, dass die Aufnahmen nicht gefälscht sind, würden sie Fischer entlasten.» Er habe das Band umgehend beim Generalstaatsanwalt in Dresden abgegeben und Strafanzeige unter anderem wegen des Verdachts der Beweisunterdrückung gestellt.

In einem der aufgezeichneten Gespräche, dessen schriftliches Protokoll der dpa vorliegt, spricht Kapelke Fischer zwar auf einen Entführungsplan an. Der frühere Sparkassendirektor lehnt das Vorhaben aber offensichtlich ab. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel» hatte Fischer den Detektiv lediglich beauftragt, die DDR-Vergangenheit Schramms auszuforschen.

Das jetzt aufgetauchte Band habe ein Unbekannter bereits 1998 Fischer zugespielt, der es zu seiner Entlastung dem Zwickauer Landgericht vorgelegt habe, schreibt der «Spiegel». Bevor es die Richter anhören konnten, sei es noch im Gerichtssaal von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden, die es habe prüfen wollen. Seitdem sei die Aufzeichnung verschwunden gewesen.

dpa/sn sf yysn
031159 Nov 02

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