Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 26.10.2002

Wer Recht hat, darum geht es ganz zum Schluss

Keine Entscheidungen im "Fall Kempen": Gerichts-Verhandlung ohne Resultat - Petitionsausschuss lässt sich Zeit - Politiker streiten sich
 
CHEMNITZ. Der Richter kam ein paar Minuten später zur Verhandlung. Eigentlich wollte er gar nicht verhandeln. Kurz darauf musste der Bauunternehmer Heribert Kempen in seinem Dauerstreit mit der Stadt Penig eine Etappenniederlage hinnehmen. Über seine Klage wurde am Freitag zum wiederholten Mal nicht entschieden. Der Richter am Landgericht äußerte zudem „arge Bedenken“, dass Kempen der richtige Kläger ist.

In dem Verfahren geht es um 185.000 Mark. Soviel sollte das Bauerngut kosten, das Kempen Ende der 90-er Jahre der Stadt Penig abkaufte. Zum Gut gehörte ein Wegerecht, aber der Weg, den die Stadt Kempen zugestand, war zu schmal. Deshalb zahlte der Unternehmer den Kaufpreis nicht, hinterlegte die Summe aber als Bürgschaft bei einer Bank.

Im Gegensatz zu Kempen war Penigs Bürgermeister Thomas Eulenberger (CDU) der Auffassung, seine Stadt habe ihre Schuldigkeit getan. Er ließ die 185.000 Mark einziehen. Dieses Geld will Kempen, dessen Firmengruppe HMK während des Streits Pleite gegangen ist, zurück haben.

Das Verfahren ist seit Monaten anhängig. Eine Entscheidung liegt jedoch in weiter Ferne, irgendwo am sprichwörtlichen Jordan. Es geht noch längst nicht darum, wer Recht hat. Geklärt werden soll erst einmal, ob Kempens Klage überhaupt zulässig ist. Dazu meinte der Richter am Freitag, dass vielleicht nicht der Bauunternehmer hätte klagen sollen, sondern die Bank, von der das Geld kam, das sich die Stadt vom Konto geholt hat ...

Derweil artet die Provinzposse, die mit einem halben Weg begann, zum Politdrama aus. Der Petitionsausschuss des Landtages war bisher auch nicht in der Lage, etwas zu entscheiden. An das Gremium hatte sich Kempen gewandt, weil er sich von Mittweidas Landrat Andreas Schramm, dem Chemnitzer Regierungspräsidenten Karl Nolze und Innenstaatssekretär Albrecht Buttolo (alle CDU) verschaukelt fühlte. Statt dem Peniger Bürgermeister wegen des zu schmal vermessenen Weges auf die Finger zu klopfen, hatten sie die Sache unisono zum Zivilrechtsstreit erklärt.

Die Landtagsabgeordnete Ulrike Bretschneider (PDS), die den Fall untersucht hat, stellte fest, dass der Weg in der Tat zu schmal war. Juristen des Innenministeriums bescheinigten den Behörden „in keiner Weise dem Grundsatz einer bürgernahen Verwaltung nachgekommen“ zu sein. Zu einem Ergebnis führte das nicht. Die Frist, in der über Petitionen normalerweise entschieden wird, ist im Sommer verstrichen. Die Abgeordnete Bretschneider sieht sich zunehmend isoliert. Ihre Parteigenossin Angela Schneider bestreitet in ihrer Funktion als Ausschussvorsitzende, dass es einen Zwischenbescheid gegeben hat - der Bescheid war es, der die kritischen Anmerkungen der Juristen enthielt.

Auch in der SPD klafft ein Spalt, breiter als der Weg, um den es anfangs ging. Der Landtagsabgeordnete Karl Nolle erkannte eine Gruppe „mafioser CDU-Amigos“ und listete 23 Fälle von „Betrug, Rechtsbeugung, Untreue und Vorteilsnahme im Landkreis Mittweida“ auf. Penigs Bürgermeister Eulenberger ist nur einer auf Nolles Schwarzliste.

Außerdem im Visier des Amigo-Jägers: Landrat Schramm und die Führungsriege der Sparkasse Mittweida. Das rief Gerald Thalheim, SPD-Mann aus dem Kreis Mittweida und Bundesstaatssekretär, auf den Plan. Er wirft Nolle vor, eine Rufmordkampagne gegen Schramm und die Sparkasse zu betreiben. Zuvor hatte sich die SPD-Bundestagsabgeordnete Simone Violka aus Penig an die Seite ihres Bürgermeisters gestellt. Am Freitag kam es zum Krisengipfel mit Violka und Thalheim in der SPD-Fraktion. Die Fronten blieben hart, aber Nolle darf weiter ermitteln. Immerhin: Das ist so eine Art Entscheidung.
(Von Mario Ulbrich)

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