Freie Presse - Online, 12.06.2002
Das Ende der Parlaments-Expedition Paunsdorf
Milbradt im Zeugenstand: „Sie wärmen ein altes Gericht auf“ - Hahn: „Verantwortungslosigkeit“
DRESDEN. Für soviel Fleiß bei Aktenstudium und Energie bei Zeugenbefragungen durfte Andre Hahn noch einmal einen starken Spruch über die Fax-Geräte loslassen: Als „Gipfel der organisierten Verantwortungslosigkeit“ geißelte der PDS-Obmann im Paunsdorf-Untersuchungsausschuss seine Bewertung, dass es für „die größte derartige Investition in Sachsen entweder keine Genehmigung gab oder diese per Telefon erteilt wurde.“ Auch für Hahn dürfte der gestrige Auftritt von Ministerpräsident Georg Milbradt den Schlusspunkt unter die bisherige Vernehmungsserie gesetzt haben.
Hoffnungen, Milbradt mit Aussagen seines Vorgängers, der damalige Finanzminister habe die Mietverträge verhandelt bzw. zu verantworten, aus der Reserve zu locken, erfüllten sich für die Opposition ebenso wenig wie der Versuch, den Regierungschef mit Fragen nach steuerlichen Vorteilen des Paunsdorf-Investors Heinz Barth zu kompromittieren. „Dem Freistaat ist kein Schaden entstanden“, wiederholte Milbradt standhaft, räumte aber ein, bei der Anmietung der Immobilie „kein Schnäppchen“ gemacht zu haben.
Kritisierte Vertragslaufzeiten von 25 Jahren und Quadratmeter-Preise von 23,57 Mark relativierte Milbradt mit dem Hinweis auf eine Rückkauf-Option der Immobilie nach zehn Jahren. „Meine Prognose war richtig“, korrigierte er forsch die frühere Warnung des Liegenschaftsamtes, das keinen Bedarf für den Behördenbau gesehen hatte. In Paunsdorf gebe es keinen Leerstand. „Wir wollten das ganze Objekt und keine Fremdmieter haben.“
Fragen von Hahn, nach Sinn und Kosten des Behördenumzugs, nervten den Ministerpräsidenten zunehmend. „Sie wärmen immer wieder das selbe Gericht auf, und jedes Mal schmeckt es weniger gut.“ Vorwürfe, dass zu hohe Flächenanmietung und daraus resultierender Leerstand Zusatzkosten von 1,3 Millionen Mark jährlich verursacht hätten, federte Milbradt geschickt ab. „Wenn ich die Zukunft gekannt hätte, hätte ich den Vertrag nicht abgeschlossen.“
Weniger gelassen reagierte er, als ihn Hahn auf seine Dienstaufsicht für die Finanzämter ansprach. Wenn der PDS-Abgeordnete Informationen über ein steuerliches Vergehen von Investor Barth habe, solle er die zuständigen Behörden informieren. „Was Sie hier machen, ist eine Angelexpedition“, warf er Hahn vor, politisch im Trüben zu fischen. Wenig erhellend auch
Karl Nolle (SPD). Politisch sei es „nicht in Ordnung zu sagen, es ist kein Schaden entstanden“. Denn der ehemalige Ministerpräsident Biedenkopf hatte einen finanziellen Schaden eingeräumt.
(Hubert Kemper)