Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, SZ-online, 01.08.2002

"Was steckt wirklich dahinter, Gregor?"

Dresdner rätseln über wahren Rücktrittsgrund - Schaden auch für die SPD
 
Für viele war Gregor Gysi der Vertreter des Ostens in der deutschen Politiklandschaft, für andere hat er in Berlin versagt. Empörung, Enttäuschung und Anerkennung - die Meinungen sind gespalten. Was sagen Dresdner Politiker und Bürger zu Gysis Rücktritt?

"Ich war ehrlich gesagt überrascht, dass Gregor Gysi zurückgetreten ist." So wie Peter Porsch, Vorsitzender der PDS-Landtagsfraktion, haben sicherlich viele gedacht, als der ehemalige Berliner Wirtschaftssenator Gregor Gysi am Mittwochabend seinen Rückzug aus allen Ämtern erklärte. " Er war so etwas wie eine Identifikationsfigur für die Partei. Gut zwei Monate vor der Bundestagwahl bedeutet das natürlich einen herben Rückschlag für uns", sagt Porsch weiter und drückt damit sein Bedauern über diese Entscheidung aus.

Angst vor den Auswirkungen dieses Rücktritts hat auch Karl Nolle (SPD): "Das wird auch Konsequenzen für die SPD haben. Die Linken werden doch alle in einen Sack gesteckt." Trotzdem hält er den Abgang Gysis für richtig und konsequent. Er betrachtet das Schuldeingeständnis als eine große Leistung für einen Politiker. Er wünscht sich diese Courage von allen Abgeordneten. Denn "wer einen Fehler macht, sollte dann auch dazu stehen". Zudem weist er darauf hin, dass in jeder Ticketabrechnung steht, dass dienstlich erworbene Bonusmeilen nicht privat abgeflogen werden dürfen.

Oliver Pape (28), Jugendreferent der SPD, war ebenfalls von der Rücktrittserklärung überrascht. Mit der Aussage , man solle die Grenzen dessen im Auge behalten, was zu einem Rücktritt führen kann, bestätigte er die Worte des Bundestagspräsidenten Thierse. Gleichzeitig kritisierte er Gabi Zimmers Aussage, in der PDS gäbe es keine Affären. "Jedenfalls hat die PDS ihr Zugpferd verloren.", ist er sich sicher.

Eine geteilte Meinung zeichnet sich auch bei der Dresdner Bevölkerung ab.

"Gysis Rücktritt ist doch bloß ein Vorwand für sein politisches Versagen. Da steckt doch mehr dahinter, sonst würde er diesen Schritt nicht tun", ist da zu hören. Arell Buchter (37) mutmaßt, Gysi wollte sich aus dem politischen Leben zurückziehen, um seinen Marktwert zu steigern. Zwar bezeichnet er seinen Rücktritt als überzogene Reaktion, jedoch sei der Posten sowieso nicht der richtige für ihn gewesen. Ein Bauarbeiter während der Mittagspause meint, wenn man etwas verzapft, sollte man auch dazu stehen. Es sei aber auch eine Art Charakterstärke darin zu sehen. Heike Stein (28) findet es schade, dass Gysi zurücktritt, denn somit gewinnt die SPD Wählerstimmen: "Ein guter Politiker aus der falschen Partei geht verloren."
(Von D. Fiedler und J. Müller, online-exklusiv)

Karl Nolle im Webseitentest
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