Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 06.07.2002

Wenn Richter gegen Richter klagen

 
DRESDEN. Für die einen ist es ein normales Vorgehen, für die anderen Mobbing. Bei der Besetzung einer Richterstelle ist es im Freistaat zu einer so genannten Konkurrentenklage gekommen. Es geht um die Position des Vorsitzenden Richters am Sächsischen Oberverwaltungsgericht Bautzen.

Darauf hatte sich Udo Hochschild (57), derzeit Vorsitzender Richter im Verwaltungsgericht Dresden, beworben. Den Zuschlag bekam jedoch ein Präsidialrichter.

„Es ist die Pflicht des Ministeriums, für die jeweilige Stelle den besten Bewerber auszuwählen. Wenn jemand der Meinung ist, er ist besser als der Gewählte, kann er eine so genannte Konkurrentenklage anstreben", erklärt Dr. Matthias Haß vom Innenministerium. Das tat Udo Hochschild.

Der berufserfahrene Richter und langjährige Vorsitzende des Verbandes der sächsischen Verwaltungsrichter glaubt, gute Karten zu haben. Er wurde vom Präsidialrat (Personalrat der Richter) sogar dem Justizminister für das Amt vorgeschlagen. Doch Thomas de Maizière zog den Konkurrenten vor.

Für Karl Nolle von der SPD-Fraktion ein klarer Fall von Richtermobbing. „Richter Hochschild hat sich schon in der Biedenkopf-Ära kritisch mit der Justizverwaltung auseinander gesetzt. Der Ex-Staatskanzleichef und Spezi Biedenkopfs, Thomas de Maizière, hat seine erste Gelegenheit als neuer Justizminister gleich zum Nachtraten genutzt." Das Ministerium weist den Vorwurf zurück. Sprecher Matthias Haß: „Der Vorgang ist schon vom
ehemaligen Minister Kolbe angeschoben worden."

Richter Hochschild gibt sich bedeckt. „Das ist ein schwebendes Verfahren, da halte ich mich lieber zurück."

Nicht das erste Mal, dass es bei Stellenbesetzungen Ärger in der Justiz gibt. Schon vor zwei Jahren gab es Klagen wegen eines fehlerhaften Auswahlverfahrens bei der Besetzung des Postens des Vizepräsidenten im Amtsgericht Dresden. Das Ergebnis der Hochschild-Klage wird Ende August erwartet. sts

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