Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung (GÖRLITZ), 25.04.2002

Unternehmerabend : Visionen im Romantik-Hotel

Karl Nolle, Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, präsentiert Mittelstandsoffensive der sächsischen Sozialdemokraten
 
Der Unternehmerabend mit SPD-Politiker Karl Nolle am Dienstag im Tuchmacher-Hotel wurde eine Begegnung ohne Berührungsängste. UnternehmerInnen aus unterschiedlichen Branchen und mit verschiedenen politischen Auffassungen beteiligten sich an der Diskussion um "Unternehmens-Lust und -Frust".

Karl Nolle, SPD-Politiker und selbst Unternehmer (Inhaber eines Druckhauses in Dresden), tanzt aus der Reihe der Politiker. Er präsentierte das Mittelstandsprogramm der sächsischen SPD-Landtagsfraktion teilweise wie ein persönliches Credo. Zustimmung erhielt er beim Anprangern der Missstände und solchen Sätzen wie "Politik kümmert sich um die großen Unternehmen, der Insolvenzverwalter um die kleinen", "Sachsen hat Politik mit der Wunschelrute gemacht". Nolle stieß aber auch auf Widerspruch im Hinblick auf die Möglichkeiten der Umsetzung.

In den Schwerpunktaufgaben der sächsischen SPD für die Zukunft fanden sich viele Teilnehmer in ihren Ansichten bestätigt: Vereinfachung des Steuersystems, die Entwicklung von mittelstandsfreundlichen Bankenstrategien, ein gutes Klima für Unternehmertum schaffen, Aufgaben über Parteigrenzen hinweg angehen, Förderpolitik ändern zugunsten der Unternehmenskonsolidierung, Änderung der öffentlichen Auftragsvergabe. Zum SPD-Motto "Nicht Beton, sondern Intelligenz fördern" erklärte Nolle, es dürfe nicht nur der Bau von Straßen und Gebäuden, gefördert werden, sondern müsse mehr Geld in Marketing, Forschung und Entwicklung, in die Weiterbildung der Menschen investiert werden. In allen Bildungsstätten müsste mehr Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge geweckt werden. Karl Nolle plädierte dafür, aus den eingesetzten Fördermitteln mehr zu machen, das Geld intelligenter ausgeben. Dass dies bitter nötig ist, machte ein Gast deutlich. Die Haushaltshaltsgesetzgebung mache eine langfristige und planmäßige Arbeit unmöglich. Erst dauere es ewig, bis der Haushalt beschlossen werde, dann muss bewilligtes Geld unbedingt ausgegeben werden. Wenn das nicht gelingt, werde es im nächsten Jahr weggestrichen.

Nolle brach eine Lanze für Mitarbeiterbeteiligungen und wartete mit Beispielen aus dem eigenen Unternehmen auf. "Ihre Visionen nicht salonfähig, sie haben keine Lobby. Wer ist überhaupt Willens das umzusetzen?", warf Andreas Kremp, seit April Chef des Mercure-Hotels ein. "Wann wird das alles Wirklichkeit?", wollte Johannes Witoschek, Betreiber der Gaststätte "Blues", wissen. Damit sprach er den Gästen aus dem Herzen, die mit ihren Meinungen nicht hinter dem Berg hielten.

Unternehmerverbandschef Uwe Vüllings brachte es auf den Punkt. Nicht ein bisschen an der Oberfläche kratzen, sei notwendig, sondern eine grundlegende Reform der Steuer- und Sozialsysteme. Aber viele Politiker denken an Wahlen und daran, ihre Pfründe zu sichern. Ein Reformwille sei nicht erkennbar. Parteien, Gewerkschaften, Vereine und Interessenvertretungen seien mehr an Selbsterhalt interessiert, als an der Lösung von Problemen.

Prof. Bürkner von Siemens machte darauf aufmerksam, dass die Lohnnebenkosten verringert, das Steuersystem umgebaut und die Staatsausgaben reduziert werden müssten. Auch die Bildungspolitik wurde heftig kritisiert.

Das Referat von Karl Nolle und die Diskussion im Publikum fand Andreas Kremp "erfrischend". Fruchtbar sei es immer, wenn man Gedanken austausche. Aber Politik werde gemacht von den Großen in der Wirtschaft, die sagen wo es langgeht. Deshalb bringt es nicht viel, wenn einzelne Politiker so progressiv denken, ist Kremp überzeugt.

Nolle hatte viele interessante Ideen und Hinweise, zum Beispiel zur Nachfolge in der Geschäftsführung von Mittelstandsbetrieben. Bereits junge Leute müsste man in der Ausbildung für Probleme der Unternehmensführung interessieren.

Das Thema "Sozialneid" wurde vom Amtsarzt Dr. Wachtarz angesprochen. Hier kam der SPD-Politiker Nolle wieder auf die Unternehmensbeteiligung zurück. Auch Unternehmer seien zu wenig bereit, abzugeben und zwar von dem was ihnen gar nicht gehört, sondern den Banken, wie Auto, Haus und Maschinen.

Unternehmensbeteiligung bei Gewinn, aber auch in gewissen Umfang bei Verlusten ändere manches, worüber sonst nur diskutiert werde. So geht zum Beispiel der Krankenstand zurück. Am Ende hatte der redegewandte Karl Nolle keine konkreten Antworten und kniff. Landtagspolitiker könnten in Berlin nichts bewirken. Er habe selbst mehr Fragen als Antworten.
(Von Christine Marakanow)

Karl Nolle im Webseitentest
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