Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 12.12.2001

Kopfschütteln über Biedenkopf

Paunsdorf-Affäre noch nicht ausgestanden - Ikea-Posse im Nacken: Es wird eng für Sachsens Regierungschef
 
Dunkle Gewitterwolken haben sich über der sächsischen Staatskanzlei zusammengebraut. Denn Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf steht seit Monaten unter Druck. Schevenstraße, Paunsdorf - und dann kam am Wochenende noch die peinliche, aber erfolgreiche Feilscherei um 15 Prozent Rabatt bei Ikea an die Öffentlichkeit. Sogar der ansonsten loyal zu Biedenkopf stehende CDU-Fraktionsvorsitzende Fritz Hähle war über die bundesweiten Negativschlagzeilen sehr verärgert. Offiziell aber will und kann Hähle es nicht kommentieren. "Vom ersten Mann in der Fraktion bis zum letzten Hinterbänkler hat die Ikea-Geschichte nur Kopfschütteln ausgelöst", sagt ein Insider. Sogar der Blödelbarde der Nation, Stefan Raab, nahm Biedenkopf in seiner Sendung "tv-total" Montagabend aufs Korn: Der Ministerpräsident Sachsens ist zum Gespött geworden.

Auch die engsten Vertrauten in der Staatskanzlei haben erkannt, dass Vorwürfe an Biedenkopf nicht wie früher wie an einer Teflonpfanne abgleiten. Im Gegenteil. Jetzt bleibt alles an ihm hängen wie Fliegen an einer klebrigen Falle, heißt es in der Staatskanzlei. Doch noch will Biedenkopf von Rücktritt nichts wissen. Selbst gutgemeinte Ratschläge politischer Freunde hat er bislang in den Wind geschlagen, wenn er sich überhaupt noch mit jemandem bespricht. Im Frühsommer suchte er telefonisch den Rat von Jenoptik-Chef Lothar Späth. Der riet ihm damals unzweideutig zum Rücktritt. Denn er selbst habe in vergleichbarer Situation seinen eigenen Rücktritt als Ministerpräsident von Baden-Württemberg als Befreiung empfunden.

Möglicherweise wird sich das Gewitter heute in der Sitzung der CDU-Fraktion entladen. Die Fraktion ist ein Stimmungsbarometer für die Frage, wie lange sich Biedenkopf noch im Amt halten kann. Der CDU-Obmann im Paunsdorf-Untersuchungsausschuss, Peter Jahr, wird der Fraktion einen Bericht vorlegen. Auch aus Sicht der CDU gibt es nach dem Bekanntwerden eines Briefes des Biedenkopf-Freundes Heinz Barth mindestens drei Ungereimtheiten. Bis heute gibt es von der Staatskanzlei keine plausible Erklärung, wieso dieser Brief praktisch identisch als Vermerk des Ministerpräsidenten an den Finanzminister weitergereicht wurde. Ebenso wenig konnte geklärt werden, warum gerade dieser belastende Brief in der Staatskanzlei verschwunden bleibt. Und drittens hat der Ministerpräsident den Vorwurf nicht entkräftet, im Untersuchungsausschuss gelogen zu haben.

In der Fraktionssitzung wird mit allem gerechnet. Die schlechte Stimmung könne eine Art Eigendynamik entwickeln. Schließlich hat die sächsische Union Angst, dass auch der Wähler ihr bald 15 Prozent Rabatt geben kann, sagt ein CDU-Abgeordneter. Aber auch ein Befreiungsschlag Biedenkopfs ist möglich. Vergangene Woche erzählte er einer einflussreichen sächsischen Persönlichkeit, schon bald werde er einen neuen Namen für die Nachfolge ins Spiel bringen. Am Montag traf er sich zu einem ausgedehnten Spaziergang mit Thomas de Maiziére. Doch der Finanzminister gilt in der Fraktion in der Nachfolgefrage als aussichtslos. "Ein Preuße wird Sachsen nie regieren", erklärt ein CDU-Abgeordneter.

Für weitere Spannung sorgte gestern PDS-Fraktionschef Peter Porsch. In einem Interview kündigte er an, Ex-Finanzminister Georg Milbradt in der Paunsdorf-Affäre nach einem Biedenkopf-Rücktritt nicht zu schonen. Der Angriff von außen könnte die Erz-Kontrahenten wieder zusammenschweißen.
(Von Christian Striefler)

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