Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 07.05.2018

Plädoyers im "Sachsensumpf"-Prozess

 
Ein Ex-Polizist und eine Ex-Verfassungsschützerin stehen seit Mai 2017 vor Gericht. Nun ist die Generalstaatsanwaltschaft vom Hauptvorwurf abgerückt.

Dresden. Elf Jahre nach dem Bekanntwerden einer umfangreichen Aktensammlung des Verfassungsschutzes steht die juristische Aufarbeitung der "Sachsensumpf"-Affäre kurz vor dem Ende. Im inzwischen auch schon ein Jahr laufenden Prozess gegen eine ehemalige Referatsleiterin des Landesamtes und einen inzwischen pensionierten Polizisten, der ihr unter anderem Informationen über Kontakte von Juristen ins Rotlichtmilieu zugetragen haben soll, wird voraussichtlich am nächsten Montag das Urteil fallen.

Geht es nach der Generalstaatsanwaltschaft, droht beiden Angeklagten nur noch eine Verurteilung wegen des Verdachts der uneidlichen Falschaussage vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags. Ursprünglich war der heute 59-Jährigen, die von Herbst 2003 bis Frühjahr 2006 das für die Beobachtung Organisierter Kriminalität zuständige Referat im Verfassungsschutz geleitet hatte, auch die Verfolgung Unschuldiger vorgeworfen worden - und dem jetzt 62-jährigen Ex-Kriminalhauptkommissar Beihilfe dazu.

Von diesem Hauptvorwurf aus der vom November 2010 stammenden Anklage nahm Oberstaatsanwalt Jürgen Schmidt in seinem Plädoyer am Montag Abstand. Zwar sah er nach der Beweisaufnahme "einen gewissen Verfolgungseifer der Angeklagten insbesondere bei vermeintlichen Sexualstraftaten" als erwiesen an. Entscheidend für ihn sei jedoch, ob sie dabei mit Vorsatz gehandelt habe - und wusste, dass sie jemanden verfolge, der unschuldig sei. Dass an diesem Wissen Zweifel bestünden, wertete Schmidt zugunsten der Regierungsdirektorin. Damit erledigte sich zugleich der Vorwurf der Beihilfe dazu gegen den Ex-Polizisten, den Schmidt einen "erfahrenen, mit allen Wassern gewaschenen, beschlagenen Ermittler" nannte.

Ungeschoren sollen die Angeklagten aus Sicht der Generalstaatsanwaltschaft aber trotzdem nicht davonkommen: Weil beide einst als Zeugen vor dem "Sachsensumpf"-Untersuchungsausschuss des Landtags falsche Angaben gemacht hätten, hält die Anklage Geldstrafen über jeweils 120 Tagessätze für gerechtfertigt - welche die Ex-Referatsleiterin 12.000 Euro und den Ex-Polizisten 6000 Euro kosten würden. Beide wären damit vorbestraft.

Konkret warf Schmidt der Ex-Verfassungsschützerin vor, als Zeugin im Ausschuss ein erstes Treffen mit dem Polizisten um ein Jahr vordatiert zu haben - um trotz der zwischenzeitlich in Sachsen geänderten Rechtslage bei der Beobachtung der Organisierten Kriminalität "die Verwertbarkeit der Erkenntnisse sicherzustellen". Der Ex-Polizist wiederum hatte im Untersuchungsausschuss verneint, dass er sich für seine Angaben vom Verfassungsschutz Vertraulichkeit zusichern ließ. Daran hielt die Verteidigung, die Freispruch forderte und dabei die lange Verfahrensdauer kritisierte, auch am Montag noch fest.

Von Tino Moritz

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