Sächsische Zeitung, 06.07.2012
Schwimmen, ohne nass zu werden?Gunnar Saft über Sachsens Zögern in der NSU-Affäre
Es wird eng für Sachsens Sicherheitsbehörden. Während die Pannen bei der Fahndung nach dem Zwickauer Terror-Trio in anderen Bundesländern und beim Bundesamt für Verfassungsschutz für personelle Konsequenzen sorgen, gibt man sich in Dresden seit Monaten merkwürdig unberührt: Man habe nichts gewusst, man sei nicht zuständig gewesen und man könne deshalb jetzt auch nicht zur Verantwortung gezogen werden.
Die Frage lautet: Wie lange kann man mit solchen Beschwichtigungen noch durchhalten? Allein das Eingeständnis, nichts davon gewusst zu haben, dass mordende Rechtsterroristen von Sachsen aus agieren, setzt die Verantwortlichen im Freistaat unter Handlungsdruck Die Öffentlichkeit verlangt zu Recht eine Erklärung dafür, wer für dieses Nichtwissen die Verantwortung trägt. Gleichzeitig verlangt man nach konkreten Vorschlägen, wie solche Pannen in Zukunft verhindert werden sollen.
Doch noch warten alle vergeblich. Die von Innenminister Ulbig bisher angekündigten Änderungen - eine neue Analysegruppe oder die bessere Ausbildung der Verfassungsschützer - sind so selbstverständlich, dass sie zur Lösung des Problems allein nichts taugen. Hinterfragt werden müssen vielmehr die Struktur und die Arbeitsweise sächsischer Sicherheitsbehörden, um danach deren Schwachstellen zügig zu beseitigen. Doch bei der internen Aufklärung verhält sich Sachsens Innenminister wie jemand, der schwimmen will, ohne nass zu werden. Sein zögerliches Vorgehen im Fall des eigenen Verfassungsschutzes ist weder nachvollziehbar noch zu akzeptieren. Personelle Wechsel sind schließlich auch eine Frage der Moral, wenn einige Beamte auf ihren wichtigen öffentlichen Posten versagt haben.