Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 26.03.2001

Ein OB ist zuerst Manager

Weniger Bürokratie im Rathaus / Abbau der Schulden
 
DRESDEN. Die Bürgerinitiative "OB für Dresden" geht in die Offensive. Mit Faltblättern "Roßberg kann's - Zukunft für Dresden" stellt sie ihren Kandidaten vor und bittet um Wahlkampfspenden. Auf dem Foto ein etwas verwegen blickender Mann, mit Geheimratsecken und Sturmlocke. Gerade 40 ist er geworden. Ein gebürtiger Dresdner, Diplomingenieur und Beigeordneter in Wuppertal, ein glücklicher Familienvater.

Dieser FDP-Mann, davon ist die Bürgerinitiative überzeugt, soll überparteilich die Interessen der Stadt voranbringen. Gern würde Ingolf Roßberg mit netten Versprechen locken. "Aber das wäre unehrlich. Der Handlungsspielraum ist für jeden OB äußerst gering", sagte er am Sonnabend vor Journalisten. Die hatten von ihm ein konkretes Programm erwartet. Statt dessen gab es eine Analyse zur Lage.

"Ein Oberbürgermeister ist zuerst Manager eines Großunternehmens", so Roßberg. Und im Unternehmen Stadtverwaltung läge reichlich viel im Argen. Die Pro-Kopf-Verschuldung beträgt über 3 800 Mark. Nimmt man die Schulden der Eigenbetriebe hinzu, sei die 6 000-Mark-Grenze überschritten. "Doch schon bei 2 000 Mark müssten die Alarmglocken schrillen." 138 Millionen Mark bringt Dresden in diesem Jahr allein für den Schuldendienst auf. Drohend zeichnen sich weitere Millionen-Löcher ab, am Wiener Platz ebenso wie an der Waldschlösschenbrücke, die nicht noch teurer werden dürfe. Ab 2003 muss Dresden eine Stadtanleihe zurückzahlen. "Dann wächst der Schuldendienst auf 350 Millionen Mark. Wir können keine neuen Schulden aufnehmen und müssen die alten abbauen", fordert er.

Große Reserven sieht er in einem radikalen Umbau der Stadtverwaltung. Mehr Verantwortung, kürzere Entscheidungswege, mehr Regiebetriebe mit eigenem Budget. Die interne Bürokratie solle ausgemistet, alle Richtlinien und Festlegungen überprüft werden. Die Gewerbesteuereinnahmen machen nur 35 Prozent des Haushaltes aus, in westdeutschen Städten seien es 80 Prozent. Unternehmen müssten gefördert werden. Deshalb betrachtet Roßberg Wirtschaft als eine Chefsache. Ein Europareferent solle sich um Fördergelder kümmern und Dresden wirkliches Stadtmarketing betreiben. Wirtschaft ist auch Psychologie. Die Stadt brauche wieder eine Aufbruchsstimmung.
(Bettina Klemm)