Karl Nolle, MdL
Lausitzer Rundschau, 14.11.2002
Luftretter des ADAC fühlen sich ausgetrickst
Vergabe in Leipzig soll nicht rechtmäßig sein / Klage eingereicht
Der ADAC Sachsen hat dem Sächsischen Innenministerium vorgeworfen, bei der Vergabe für den Betrieb des Luftrettungsstützpunktes Leipzig zu Gunsten der Deutschen Rettungsflugwacht (DRF) nicht rechtmäßig gehandelt zu haben. Das "Affentheater" der Staatsregierung sei unverständlich, sagte Nikolaus Köhler-Totzki, der Vorsitzende des ADAC Sachsen, gestern in Dresden. Das sei ein in der 100-jährigen Geschichte des ADAC einmaliger Vorgang.
Ende Oktober hatte das Innenministerium gegen den ADAC entschieden und der DRF den Zuschlag für den Betrieb des Luftrettungsstützpunktes erteilt. Der ADAC klagt gegen den Bescheid vor dem Verwaltungsgericht Leipzig.
In den Satzungen verspricht der ADAC seinen Mitgliedern die Rettung aus der Luft, bislang aber sind am sächsischen Himmel keine fliegenden "Gelben Engel" zu sehen. Als aber der Leipziger Luftrettungsstützpunkt in einem Angebotsverfahren Anfang des Jahres neu ausgeschrieben wurde, schien die Stunde gekommen. Unter allen Umständen sollte der neue Betreiber diesmal ADAC heißen. Daraus wurde nichts, der ADAC fühlt sich ausgetrickst.
In einer ersten Ausschreibungsrunde im Frühjahr will der Automobil-Club das beste Angebot vorgelegt haben, alle Krankenkassen, die ja die Rettungseinsätze bezahlen müssen, hätten sich für den ADAC ausgesprochen, heißt es. Konkurrent DRF hingegen habe statt der geforderten zwei nur anderthalb Hubschrauber angeboten und sei preislich schlechter gewesen. Dann aber soll es plötzlich ein Dankschreiben des DRF an das Innenministerium gegeben haben, wegen des erteilten Zuschlags. Der ADAC bekam Wind von der Sache und zog vor das Leipziger Verwaltungsgericht. Der Automobilclub erwartet nun in den nächsten Tagen eine Entscheidung.
Für den ADAC und Köhler-Totzki unverständlich startete das Ministerium daraufhin eine zweite Ausschreibungsrunde. Alle Angebote hätten Mängel aufgewiesen, sagte Ministe- riumssprecher Thomas Uslaub zur Begründung. Im Oktober dann kam die Absage, die DRF erhielt den Zuschlag. Jetzt drängte auch die Zeit, weshalb Sofortvollzug angeordnet wurde. Am 1. Januar 2003 soll der DRF starten können.
Der ADAC fühlt sich hintergangen. Dort glaubt man sich im Besitz von Beweismitteln, die eine Mauschelei zwischen DRF und dem Innenministerium belegen, aus welchen Gründen auch immer. So sollen Informationen über das ADAC-Angebot an den Konkurrenten gelangt sein, der DRF sei erlaubt worden, ihr Angebot einseitig nachzubessern, das von der DRF vorgelegte Preisangebot von rund 27 Euro pro Flugminute sei nicht realistisch zu kalkulieren.
Ein "Mondpreis", sagt Köhler-Totzki, das Ministerium hätte die Kostendeckung prüfen müssen. Die DRF fliege in keiner Stadt unter 35 Euro, das Angebot des ADAC liegt bei 34 Euro, spitz kalkuliert. Schließlich habe das Ministerium bewusst eine Verzögerung herbeigeführt, heißt es weiter, um dann mit dem Argument der Eilbedürftigkeit Sofortvollzug anordnen zu können.
Köhler-Totzki spricht von einem "Sumpf in der sächsischen Politik", den er nach nur zwölf Jahren nicht für möglich gehalten hätte. Der Ministeriumssprecher weist alle Vorwürfe zurück, und wieder einmal ist es der SPD-Abgeordnete Karl Nolle, der die Staatsregierung mit einer parlamentarischen Anfrage zur Stellungnahme auffordert.
(Ralf Hübner)