Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 21.11.2002
Vorwurf: CDU bezahlt Werbung mit Landesgeld
Biedenkopf-Regierung soll im Wahljahr 1999 Kampagne illegal finanziert haben
Die ehemalige sächsische CDU-Staatsregierung unter Ministerpräsident Kurt Biedenkopf steht unter dem Verdacht, im Vorfeld der Landtagswahl 1999 eine Werbekampagne zugunsten der sächsische Union über Umwege aus der Staatskasse bezahlt zu haben.
Laut aktuellen Recherchen des Hamburger Magazins „Stern“ hatte sich der damalige Wirtschaftsministers Kajo Schommer (CDU) bereits im Oktober 1998 mit der Bitte an den Vorstandschef der Sachsenring Automobiltechnik AG, Ulf Rittinghaus, gewandt, den bevorstehenden CDU-Wahlkampf mit einer Spende von fünf Millionen D-Mark zu unterstützen. Als Rittinghaus dies ablehnte, kam von Schommer das Angebot, dass das Biedenkopf-Kabinett im Gegenzug für eine Spende geplante staatliche Beihilfen an die Zwickauer Firma um eben diesen Betrag erhöhen könnte.
Tatsächlich erhielt das Unternehmen vom Freistaat später statt 25 Millionen Mark plötzlich 29 Millionen Mark für den Kauf des landeseigenen „Zentrums für Mikroelektronik Dresden“ (ZMD). Danach hatte die Sachsenring Automobiltechnik AG zwar nicht fünf, dafür aber drei Millionen Mark für die Finanzierung der Imagekampagne „Sachsen für Sachsen“ gespendet. Laut dem „Stern“ liegen zu dem Vorgang mehrere eidesstattliche Versicherungen von Beteiligten, darunter von Ulf Rittinghaus, vor.
Kajo Schommer bestreitet dagegen dessen Darstellung. „Ich bin fassungslos, davon stimmt einfach nichts.“ Rittinghaus habe ihn bei einem Treffen am 9. Oktober 1998 angesichts der vorherigen Wahlniederlage der CDU bei der Bundestagswahl selbst mit den Worten angesprochen, da „muss man etwas tun“. Auf Schommers lockere Bemerkung, er könne der CDU doch fünf Millionen Mark spenden, habe Rittinghaus erklärt, er werde nicht der Partei Geld geben, sondern mit anderen Unternehmen etwas auf die Beine stellen. Damit, so Kajo Schommer gestern zur SZ, hätte sich das Thema für ihn erledigt gehabt. Ein Zusammenhang mit dem späteren Verkauf von ZMD sei völlig aus der Luft gegriffen. Bei der Differenz von vier Millionen Mark zum ursprünglichen Verkaufspreis habe es sich lediglich um die notwendige Verrechnung eines Darlehens gehandelt, das das ZMD aufgrund der rechtlichen Vorgaben im Fall der Privatisierung an das Land zurückzahlen musste.
Mit der Imagekampagne „Sachsen für Sachsen war im Wahljahr 1999 sowohl im eigenen Bundesland als auch bundesweit für den Wirtschaftsstandort Sachsen geworben worden. Rund 1,5 Millionen Haushalte wurden dafür kurz vor der Landtagswahl angeschrieben. Zu den Initiatoren gehörten neben Politikern und Sportlern auch CDU-nahe Unternehmer wie die Dresdnerin Viola Winkler. Laut offiziellen Angaben kostete die Aktion damals 2,5 Millionen Mark. Etwa zur gleichen Zeit startete die sächsische Union einen eigenen Werbefeldzug im Landtagswahlkampf , der in Teilen Ähnlichkeiten aufwies. Statt mit dem Parteilogo wurde dabei auf Aufklebern lediglich mit dem Spruch geworben: „Das Beste für Sachsen. Kurt.“ Die CDU gewann die Landtagswahl mit 56,9 Prozent der Stimmen.
Der heutige sächsische CDU-Generalsekretär Herrmann Winkler schloss gestern auf Anfrage aus, dass der 99er Wahlkampf seiner Partei über Umwege mit Landesgeldern bezahlt wurde. „Nach den mir vorliegenden Unterlagen ist alles in Ordnung.“ Winkler kündigte an, den Vorgang erneut zu prüfen.
(Gunnar Saft)