Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 11.11.2002

Mittweida: "Unternehmern mehr entgegen kommen"

PDS-Fraktionschef will im Zuge der Affären im Kreis Förderungspolitik erneut auf Prüfstand stellen
 
Während der Streit zwischen Landratsamt und der Tiefenbacher Firma Gum Tech und in anderen Affären in aller Öffentlichkeit eskaliert, hielten sich bislang die Volksvertreter, die dem Landrat auf die Finger schauen sollen, zurück.
Der Chef der SPD-Kreistagsfraktion, Udo Lindner, distanzierte sich sogar Anfang Oktober im Namen der SPD-Fraktion vom Rundumschlag seines Dresdener Parteikollegen im Landtag, Karl Nolle, und stellte sich hinter Landrat Andreas Schramm (CDU).

Allerdings beantragte die Fraktion, dass der Fall Gum Tech nochmals im Kreistag thematisiert wird, um einige Punkte zu erhellen. Dies soll nun am 4. Dezember im geschlossenen Teil des Kreistages geschehen. Bei der Sitzung soll auch Gum Tech-Geschäftsführer Gerald Schmidt anwesend sein.

Auch innerhalb der PDS-Fraktion brodelte die Diskussion. Gegenüber „Freie Presse“ brach Fraktionschef Jens Stahlmann die Zurückhaltung nach außen. „Wem können wir glauben?“ sei jetzt die Frage. Der Landrat habe zwar im Kreistag und in Ausschüssen informiert. „Doch die Aussagen reichen nicht mehr aus“, so Stahlmann. Aus seiner Sicht hätte man bei Gum Tech eine Lösung finden müssen, ohne dass die Sache eskaliert. Sicher, Schmidt sei kein „unbeschriebenes Blatt“, und man habe die schlechten Erfahrungen mit Schrott-Barth in Frankenberg noch in Erinnerung. Doch als Existenzgründer müsse Schmidt wie jeder andere nicht nur gefordert, sondern auch gefördert werden. Die vom Amt erhobene Sicherheitsleistung sei zwar laut Gesetz möglich, doch müsse man prüfen, wie man dem Unternehmen mehr entgegenkommen kann. „Sicherheitsleistungen hätte man zum Beispiel an Aufträge klammern können“, verweist Stahlmann auf ein übliches Verfahren in der Wirtschaft. Andererseits müsse sich auch Schmidt einige Rosinen aus den Kopf schlagen. Eine noch nicht abgeschlossene Lebensversicherung als Sicherheit gelte auch anderswo nicht. Von der Anhörung Schmidts im nächsten Kreistag hält Stahlmann allerdings nicht viel. „Das Gremium ist einfach zu groß für eine konstruktive Diskussion“, meint er.

Stahlmann hat seine Erfahrungen. Beim Thema Wirtschaftsförderung fühlt er sich seit Jahren als Rufer in der Wüste. So fordert er die Umwandlung des Amtes für Wirtschaftsförderung in eine Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft. Auch all die anderen Fragen will er erneut stellen. Wie locken wir Unternehmen in die Region? Wie gehen wir mit Existenzgründern um? „Eigentlich alles alte Kamellen“, weiß Stahlmann.
(Von Andreas Luksch)

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Kommentar von Karl Nolle: Demokratie ist Kontrolle von Macht und die Opposition hat einen Verfassungsauftrag Regierung und Verwaltung zu kontrollieren. Das gilt im Land, den Kreisen, Gemeinden und Städten. Ohne Kontrolle entwickeln sich "verdienstvolle" Seilschaften, befördert durch absolute Mehrheiten eines Vereines auf allen Ebenen, die sich über Rechtsaufsichten bis in die Staatsregierung nur gegenseitig kontrollieren.

In dieses System gegenseitiger Abhängigkeiten eingebunden sind Staatsanwaltschaften und Justiz nach dem alten Satz "wes Brot ich ess, des Lied ich sing". Gewaltenteilung in unserer Demokratie ist offensichtlich nur etwas für Sonntagsreden und Gemeinschaftskundeunterricht in unseren Schulen.

Verwaltungshandeln zu kontrollieren ist kein Übel sondern der Kern von Demokratie. Das wird im kommunalen Bierzelt bei guter Laune oft vergessen ...

Bedauerlicherweise scheinen manche "Revolutionäre" von 1989 ihre eigenen Transparente von damals wieder vergessen zu haben.