Karl Nolle, MdL
SZ-online, dpa, 04.11.2002
LKA: "Aufgetauchtes Tonband war gefälscht"
Das Band, auf dem Mitschnitte von Gesprächen zwischen Fischer und einem Privatdetektiv zu hören sein sollen, sei nachträglich aufgenommen worden, teilten die Ermittlungsbehörden mit.
Dresden/Chemnitz - Im Jahre zurück liegenden Kriminalfall der geplanten Entführung des Mittweidaer Landrats Andreas Schramm (CDU) hat ein neues Tonband für Verwirrung gesorgt. Die Staatsanwaltschaft Chemnitz und das Landeskriminalamt widersprachen am Montag Berichten, wonach die Aufnahmen die Unschuld des früheren Sparkassendirektors von Hainichen, Kurt Fischer, beweisen könnten. Das Band, auf dem Mitschnitte von Gesprächen zwischen Fischer und einem Privatdetektiv zu hören sein sollen, sei nachträglich aufgenommen worden, teilten die Ermittlungsbehörden mit.
Das Chemnitzer Landgericht hatte Fischer 1996 zu drei Jahren Haft verurteilt, weil er sich im Herbst 1995 mit dem Privatdetektiv zur Entführung des CDU-Landrats verabredet hatte. Hintergrund waren persönliche Differenzen zwischen Fischer und dem Landrat, der zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Sparkasse war. Fischer bestreitet bis heute, die Entführung ernsthaft geplant zu haben. Er sei damals nur zum Schein auf die Pläne des Privatdetektivs eingegangen, weil er die Hintermänner eines vermuteten Komplotts gegen ihn aufdecken wollte.
Das Landgericht in Chemnitz und das Landgericht Zwickau hatten Fischer wegen der Verabredung zu einer Straftat verurteilt, weil das Landeskriminalamt Mitschnitte von Lauschangriffen vorlegte, in denen Fischer und der Detektiv sich bis ins Detail zur Entführung äußerten. Der Detektiv hatte sich laut Urteil zuvor der Polizei offenbart und ging straffrei aus. Im August dieses Jahres hatte das Oberlandesgericht Dresden ein erneutes Wiederaufnahmeverfahren für Fischer abgelehnt.
Nach Darstellung der Behörden hatte der Privatdetektiv Ende September dieses Jahres den Ermittlungsbehörden mitgeteilt, dass er von Fischer zur Herstellung der nachgestellten Tonbandmitschnitte gedrängt werde. Mitte Oktober habe der Detektiv keine Möglichkeit mehr gesehen, sich der Fertigung der Mitschnitte zu entziehen. Ein Sprecher des Landeskriminalamtes sagte am Montag auf dpa-Anfrage, es werde geprüft, ob es sich dabei schon um eine NÖtigung handele. Das Herstellen solcher Bänder sei an sich noch nicht strafbar, die Verbreitung solcher Tonbänder mit dem Ziel einer Wiederaufnahme des Verfahrens müsse aber strafrechtlich geprüft werden.
Der SPD-Landtagsabgeordnete Nolle bezweifelte hingegen am Montag, dass das Landeskriminalamt bei den neuen Mitschnitten schon jetzt von einer Fälschung sprechen könne. Sein Bote habe das Band, das ihm jetzt zugespielt worden sei, irrtümlicherweise am Freitag an die Dresdner Staatsanwaltschaft und nicht an den Generalstaatsanwalt ausgeliefert. Nach seinen Recherchen sei das Band deshalb erst am Montag beim Generalstaatsanwalt angekommen. Das Landeskriminalamt könne die Bänder daher am Wochenende noch gar nicht angehört haben. Ein Sprecher des Amtes widersprach dem auf Anfrage: „Das Band geistert schon seit Tagen herum.“ Noch am Wochenende hatte es geheißen, die Mitschnitte seien nicht bekannt.
Der LKA-Sprecher widersprach auch Darstellungen, bei dem neu aufgetauchten Band handele es sich einen Mitschnitt, den Fischer 1998 im Wiederaufnahmeverfahren in Zwickau vorgelegt habe. Damals hatte der Staatsanwalt das Band im Gerichtssaal beschlagnahmt, da sie vermutete, es handele sich um einen von Fischer selbst angefertigten geheimen Mitschnitt. Damit hätte das Band nicht als Beweismittel vor Gericht dienen können.