Karl Nolle, MdL

Schwarzbuch 2002, Bund der Steuerzahler, 03.10.2002

Sächsische Provinzposse im Landkreis Mittweida: Kleingeist der Verwaltung verursacht Schaden für Stadt Penig und Unternehmer

Unternehmer pleite, Stadt steht ohne Einkaufszentrum da, Schadensersatzklage in Millionenhöhe droht
 
PENIG/SACHSEN. Eine Bauunternehmensgruppe aus Gailingen investierte in den 90er Jahren in sieben Immobilienobjekte in der sächsischen Kleinstadt Penig, Landkreis Mittweida. Die Gruppe erwarb weitere acht Objekte, um im Zentrum der Stadt ein Einkaufscenter zu errichten.

Ein Streit über einige Zentimeter Wegerecht wurden nun der Unternehmensgruppe und der Stadt Penig zum Verhängnis. Neben dem Einkaufcenter sollte ein altes Bauerngut zu einer Wohneigentumsanlage umgebaut werden. Die notwendige Zufahrt zum Grundstück war nach Ansicht des Investors nicht breit genug und die von der Stadt beigebrachte Baulast rechtlich nicht abgesichert. Besagtes Nachbargrundstück gehört mehreren Eigentümern, von denen jedoch nur einer seine Zustimmung erteilt hat. Statt nach einer unbürokratischen und dauerhaften Lösung z.B. in Form der Bestellung einer Grunddienstbarkeit zu suchen , beließ es die Stadt bei ihrer Auffassung, sie habe die vertraglichen Bedingungen erfüllt und der Kaufpreis sei fällig. Der Investor wandte sich zur Lösung dieser strittigen Frage an die Rechtsaufsichtsbehörde im Landratsamt Mittweida, das Regierungspräsidium Chemnitz sowie an verschiedene Ministerien. Dort verharrte man und sah keinen Handlungsbedarf.

Die Stadt tat ihr übriges durch weiteres unprofessionelles Verhalten, indem die Unternehmensgruppe öffentlich angegriffen wurde. Obwohl für das Bauernhofgeschäft eine Bankbürgschaft hinterlegt war und diese von der Stadt auch abgerufen wurde, soll der Bürgermeister Thomas Eulenberger (CDU) erklärt haben, der Investor besitze keine ladungsfähige Anschrift und sei komplett verhandlungsunfähig. Notwendige Kredite zum Weiterbau sollen daraufhin von den Gläubigerbanken verwehrt worden sein. Im nachfolgenden Rechtsstreit gingen nicht nur das Bauerngut-Projekt samt weiterer Bauvorhaben den Bach runter, sondern auch die Investorengruppe pleite.

Seit Monaten beschäftigt sich der Petitionsausschuss im Sächsischen Landtag mit diesem Vorgang. Vorab ist zu vernehmen, dass die beteiligten Behörden, insbesondere die Stadt Penig, dem Grundsatz einer bürgernahen Verwaltung in keinster Weise gerecht wurden. Die Aufsichtsbehörden hätten fachaufsichtlich die Herstellung rechtmäßiger Zustände bei der Bestellung von Baulasten im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Grundstückes anmahnen können.

Fazit: Die Behörden verharrten in Untätigkeit. Durch deren Fehler können dem Freistaat Schadenersatzzahlungen in zweistelliger Millionenhöhe ins Haus stehen. Um Zentimeter geht es nun nicht mehr. Der simpelste Weg aus dem Dilemma scheint zwar der zu sein, dem Investor das Wegerecht so einzuräumen, wie er es zum Bau seiner Wohnanlage benötigt. Dieser lehnt jedoch ab: „Der Zug ist abgefahren. Mein Käufer ist abgesprungen, das Fördermittelprogramm für solche Vorhaben beendet, meine Firma pleite. Was soll ich jetzt noch mit dem Weg?“ Am Ende stehen eine ruinierten Firma und die Stadt Penig mit einem weiterhin unfertigen Zentrum da. War diese Zuspitzung wirklich notwendig?

(von Bund der Steuerzahler in Sachsen e.V. 01.10.02)

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Bemerkung von Karl Nolle, MdL, zu diesem Thema:
Siehe meine Presserklärung vom 10.6./20.6./17.7.2002/01.10.2002
Siehe Presseartikel vom: 6.6./8.6./11.6./11.6./21.6./29.7.2002 und weitere ...
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