Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 10.09.2002

Stadt nimmt Fluthelfern Spenden weg

Zum Schluss gab's nicht mal ein „Dankeschön“
 
DRESDEN. Unfassbar! Fleißige Fluthelfer sammelten drei Wochen Spenden aus der ganzen Republik, verteilten sie an Bedürftige. Jetzt nahm die Stadt den Helfern einfach die Spenden weg und schloss die Halle der Freiwilligen auf der Grunaer Straße. Bis zum Schluss ahnten die selbstlosen Spendesammler davon nichts.

Verraten, verkauft, betrogen: 40 freiwillige Helfer vom Grunaer Weg 18 sind stinksauer, fühlen sich von OB Ingolf Roßberg (FDP) hintergangen. Drei Wochen rackerten sie bis zum Umfallen in ihrem provisorischen Hilfslager in Dresden-Gruna, organisierten Hilfstouren im ganzen Freistaat. Jetzt macht die Stadt das Hilfslager dicht - aus heiterem Himmel, ohne ein Wort des Dankes.

Die arbeitslosen Jugendlichen sind geschockt, wissen nicht, wie es weitergehen soll. Hintergrund: Schon vor einer Woche beschloss die Stadt, das Spendenlager auf dem Grunaer Weg aufzulösen. Eine Halle des ehemaligen Sachsenwerkes auf der Hennigsdorfer Straße sollte als neue Warenhalle eingerichtet werden. Mit der Koordinierung wurde Dirk Bachmann, Geschäftsführer der QAD (Qualifizierungs- und Arbeitsförderungsgesellschaft), beauftragt. Der organisierte gemeinsam mit Rathausreferent Peter Teichmann den Umzug.

Der Irrwitz: Alle Freiwilligen von der Grunaer Straße packten mit an, fuhren die Hilfspakete mit ihren Privatautos zur Hennigsdorfer Straße, ohne zu wissen, dass sie ihr eigenes Lager auflösen. Das erfuhren sie erst Tage später durch eine Mitarbeiterin vom Jugendamt. „Wir dachten, es muss am Grunaer Weg Platz geschafft werden für neue Hilfslieferungen", erzählt der Arbeitslose Sven Kaden. „Jetzt hat uns die Stadt vom Hof verjagt wie einen räudigen Hund."

Nach Recherchen der Morgenpost wurde jetzt die Stadt aktiv. „Heute wird es ein Dankeschön für die arbeitslosen Helfer geben. Wir werden uns bemühen, die Helfer in bezahlte AB-Maßnahmen zu überführen", so Rathaussprecher Kai Schulz.
(tb)

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Bemerkung von Karl Nolle:

Die Absicht der Stadt, das in der Flutkatastrophe spontan entstandene Fluthilfelager für Sachspenden in eine formalisierte und geordnete Form zu überführen ist nicht zu kritisieren. Dies kann aber nicht in brüskierender Form, über die Köpfe der vielen jungen Leute hinweg durchgeführt werden. Sie haben über drei Wochen in Tag und Nachtarbeit mit ungeheurem Engagement ohne Entgeld und ohne Tarifarbeitstag dieses größte Hilfelager in Dresden aufrechterhalten. Sie haben den Raum Dresden bis Weesenstein und Glashütte z.T. mit Privat-PKW mit dringend benötigten Sachen, Getränken und Lebensmitteln beliefert.

Die 40 engagierten Helfer im Sachspendenlager haben ein verdammtes Recht darauf, bei beabsichtigter Auflösung oder Umstrukturierung vom OB Roßberg gehört zu werden, bevor ihnen der Stuhl vor die Tür gesetzt wird. Deshalb habe ich mich spontan als Landtagsabgeordneter persönlich eingeschaltet, als ich von den Jugendlichen gebeten wurde, ihnen zu helfen. Der nun entstandene öffentliche Druck hat, was zu erwarten war, zum Nachdenken geführt!

Die von Rathaussprecher Kai Schulz angekündigte Entschuldigung und der angekündigte Dank sind leider heute am 10.9.02 nicht zu hören gewesen. Dafür hat Herr Teichmann aber, nach Auskunft der Initiativgruppe, die Unverfrorenheit besessen, die Kopie einer Rede des OB aus der letzten Woche an die Helfer zu verteilen. Dort könnten sie den allgemeinen Dank des OB nachlesen.

Der OB wäre gut beraten, gerade als einer vom einem breiten Bürgerbündnis gegen die verknöcherten Strukturen im Rathaus getragener OB, sich mit persönlichen Worten bei diesen Helfern für ihr bürgerschaftliches Engagement zu bedanken und sich für die kalte Gedankenlosigkeit und dümmliche Bürokratenmanier seines für die Sache verantwortlichen Grundsatzreferenten Peter Teichmann zu entschuldigen.

KARL NOLLE, MdL