Karl Nolle, MdL
Online Zeitung FAKTuell, 14.04.2002
Minister Meyer contra Nolle
Kommentar von Anna de Gouvernator
Deftig geht es zu, wenn der Wirtschaftspolitische Sprecher der Sachsen-SPD Karl Nolle dem heiligen Volks- und Parlamentarier-Zorn seine Stimme leiht. Klartext, wie Nolle ihn versteht, ist niemals zimperlich, immer rustikal, wie es vor Nolle nur Franz-Josef Strauß und Hermann Wehner praktizierten. Damit hat er schon Biedenkopf die Lust am Amt des Ministerpräsidenten genommen. Jetzt steht er vor Gericht, weil er sich über die kleinlichen Paragraphenreitereien des Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Prof. Dr. Meyer, aufgeregt hat.
Laut und deutlich, wie man es von Nolle erwarten darf. Mit der Überschrift: Juraprofessor Dr. Jochen Rozek ist erstes Opfer seiner eigenen Rechtssatire.
Was Nolle heute vorm Landgericht in Dresden erwartet, wollen wir Ihnen in seinen eigenen Worten schildern. Vielleicht bekommen Sie ja Lust darauf, sich das zu erwartende Spektakel heute um 11:00h selbst anzusehen. Die Sitzung ist nach unseren Informationen öffentlich. Hier die Pressemitteilung im Wortlaut:
Politischer Streit vor dem Landgericht Dresden
Staatsminister Prof. Meyer beantragte Erlass einer einstweilige Verfügung gegen den SPD-Landtagsabgeordneten Karl Nolle wegen dessen Äußerungen zur politischen Vergangenheit von Meyer.
Nach Informationen des SPD-Landtagsabgeordneten Karl Nolle, findet am Montag, den 15.4.02, um 11 Uhr, vor der 5. Kammer des Landgerichts Dresden, eine politische Auseinandersetzung zwischen dem Sächsischen Wissenschaftsminister Meyer und dem Oppositions-Abgeordneten Nolle ihre juristische Fortsetzung. Meyer hat bei Gericht den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den SPD-Landtagsabgeordneten Karl Nolle wegen dessen Äußerungen zur politischen Vergangenheit von Meyer beantragt.
Nolle soll die Wiederholung folgender Äußerungen aus seiner Pressemitteilung vom 5.3.02 verboten werden:
1) ”Meyer ist heute noch ganz in seinen vordemokratischen Feudalbewusstsein verfangen, dass er in vielen Jahren in enger beruflicher Zusammenarbeit mit dem ZK der SED eingeübt hat.”
2) ”Offensichtlich hat die langjährige räumliche Arbeitsplatznähe von Prof. Meyer als Kaderleiter und stellv. Sektionsleiter, im Haus gegenüber dem ZK der SED und seine Auftragsübersetzungen für das ZK, den Menschen Meyer in seiner vordemokratischen Mentalität tief geprägt.”
3) Autoritärer Charakter, Scheinheiligkeit und Lüge (im Parlament) liegen bei ihm offensichtlich eng beieinander.”
Dazu Karl Nolle: ”Das Ganze ist eine politische Auseinandersetzung und die lässt sich nicht mit Gerichten führen. Bei den beanstandeten Äußerungen geht es Staatsminister Meyer offensichtlich um die Leugnung oder Vertuschung seiner besonderen persönlichen Verstrickungen als Leitungskader an der Humboldt-Universität in die Nomenklatur der DDR und der dafür notwendigen unverbrüchlichen Treue zur DDR.
Ich vermute, dass aus diesem Grunde Meyers Biografie und die Chronologie seiner Tätigkeiten in der DDR gravierende Lücken aufweisen. Werden diese Lücken gefüllt, bleibt vom ”Widerstandskämpfer” Meyer nicht mehr viel übrig. Wer damals begann Jura zu studieren oder lange Zeit Leitungskaderfunktionen innehatte, der wusste, was er politisch vertreten musste und welche politisch ideologische Anforderungen insgesamt daran geknüpft waren. Vielleicht wird das nun vor Gericht zur Sprache kommen”.
NOLLE: ” Diktaturen zeichnen sich nicht dadurch aus, dass sie Widerstandskämpfer in gehobene Positionen bringen.”
NOLLE: ” Das abtretende System Biedenkopf führt letzte juristische Gefechte zur Bekämpfung des politischen Gegners, weil den langjährigen Herrschern in der eigentlichen politischen Auseinandersetzung jegliche Substanz fehlt. Ebenso fehlt ihnen aus Machtversessenheit jeglicher Respekt vor der Freiheit der Meinungsäußerung und der kritischen Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner.”