Karl Nolle, MdL
DNN, 19.03.2002
"Leuchttürme" erhalten - Grenzregionen nicht vergessen
SPD fordert Trendwende im Kampf gegen Abwanderung
DRESDEN. Die Politik hat das Thema Abwanderung endgültig für sich entdeckt. Gestern legte die SPD-Landtagsfraktion ein Zahlenwerk mit bekannten Trends, aber neuer Stoßrichtung vor. Ergebnis: Der Schwund ist gravierend, der Teufel steckt im Detail. 11,5 Prozent seiner Einwohner hat Sachsen seit 1989 verloren, 80 Prozent als Folge des Geburtenknicks, der Rest durch Abwanderung. Entscheidend aber ist die Trendwende: 2001 überflügelt die Abwanderung erstmals das Geburtendefizit.
Das gilt landesweit, vor Ort gibt es laut SPD-Fraktionschef Thomas Jurk erhebliche Unterschiede. Da sind erstens die Zentren: Während bis 1999 viele Menschen noch in die Umlandkreise zogen, ist in Dresden und Leipzig der Zuzug mittlerweile größer als der Schwund. Ganz anders in den Randlagen: In den Grenzregionen hat sich die Abwanderung seit 1996 verfünffacht. Besonders die 18- bis 25-Jährigen ziehen weg, vor allem die Frauen und jene mit Abitur. Und die meisten gehen gen Westen. Hier hat die Staatsregierung nach SPD-Meinung bisher versagt.
Als Gegengift fordert der SPD-Wirtschaftspolitiker Karl Nolle eine Doppelstrategie: Die Zentren sollten gestärkt und die Grenzregionen gesondert gefördert werden. "Wir dürfen die Leuchttürme nicht ausknipsen", nennt Jurk die zentrale Losung, an der Peripherie aber sei noch viel zu tun: der Ausbau der Verkehrswege zum Beispiel. Der "Speckgürtel" rund um die Zentren dagegen sei nicht mehr das Problem.
Dahinter steht eine einfache Idee: Wanderung innerhalb des Freistaats sei allemal besser als Abwanderung ohne Wiederkehr. "Wenn die Menschen in Zittau keine Chance haben, sollten sie wenigstens nach Dresden gehen", so Jurk. Ansonsten seien die Folgekosten enorm. Denn bereits heute sei Sachsen das Bundesland mit dem höchsten Durchschnittsalter.
(Jürgen Kochinke)