Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 20.02.2002
"Wolfgang Tiefensee ist unsere einzige Alternative"
Nolle will frühere Berufung des SPD-Spitzenkandidaten
Dass Leipzigs Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (SPD) zu denen gehört, die zur Landtagswahl 2004 ihren Hut als sozialdemokratischer Spitzenkandidat in den Ring werfen könnten, ist längst ein offenes Geheimnis. Allein Tiefensee weicht dem Thema bisher geflissentlich aus. Seine Begründung: Einerseits sei er sehr gern Stadtoberhaupt in der Messemetropole, und zweitens stehe das Problem einer SPD-Spitzenkandidatur zurzeit nicht auf der Tagesordnung.
Umso überraschender ist es, wie offen der Leipziger OB jetzt in der eigenen Partei als künftiger Herausforderer des amtierenden CDU-Ministerpräsidenten ins Gespräch gebracht wird. "Er wird sich dem Ruf nicht entziehen können", erklärte der Landtagsabgeordnete Karl Nolle dieser Tage einer interessiert lauschenden Journalistenschar. Für Nolle ist es ausgemachte Sache, dass nur Tiefensee 2004 die SPD in Sachsen zum Erfolg führen kann. "Ich sehe weit und breit keinen anderen Kandidaten in unserer Partei, der es mit seiner Beliebtheit und seinem Bekanntheitsgrad aufnehmen kann. Und er gehört zu den wenigen Politikern, die auf eine erfolgreiche Politik verweisen können." Nolle will seinen Vorschlag nicht als Kritik an anderen Spitzen-Sozis wie der Landesvorsitzenden Constanze Krehl oder dem SPD-Fraktionschef Thomas Jurk verstanden wissen. "Wolfgang Tiefensee ist jedoch unsere einzige Alternative, und wir sollten deshalb mit seiner Berufung nicht wie geplant bis 2003 warten."
Dieser Vorstoß trifft die SPD unerwartet. "Das ist zurzeit überhaupt keine Frage für unsere Partei. Jetzt muss für uns die Bundestagswahl im Herbst im Vordergrund stehen", reagierte Landeschefin Krehl gestern zurückhaltend. Gleichzeitig pochte sie darauf, dass es bei dem vereinbarten Zeitplan bleibe, wonach die sächsische SPD ihren künftigen Spitzenkandidaten erst nach der Bundestagswahl, spätestens jedoch im März 2003 wähle.
Prompte Schützenhilfe bekam sie von Thomas Jurk. "Es gab und gibt dazu noch keinerlei Vorentscheidungen." Auch sei ihm bisher keine Absichtserklärung von Wolfgang Tiefensee bekannt, wirft der Fraktionschef ein. Jurk ist auch im Gegensatz zu Nolle überzeugt, dass "es in der SPD eine Reihe von Leuten gibt, die in Frage kommen".
Wenig Begeisterung über die Personaldebatte gab es auch im Leipziger Rathaus. Wenn er Ambitionen hätte, so ließ Oberbürgermeister Tiefensee ausrichten, wäre er auch in der Lage, diese persönlich zu formulieren. "Auf ein selbst ernanntes Sprachrohr kann man dabei verzichten", hieß in Richtung Nolle.
(Von Gunnar Saft)