Karl Nolle, MdL

SPIEGEL-online, 16.01.2002

MIETAFFÄRE: Staatsanwalt ermittelt gegen Biedenkopf

Kurt Biedenkopf will am Mittwoch bekannt geben, wann er als sächsischer Ministerpräsident zurücktritt.
 
Kurt Biedenkopf will am Mittwoch bekannt geben, wann er als sächsischer Ministerpräsident zurücktritt. Im Zusammenhang mit der so genannten Mietaffäre ermittelt die Dresdner Staatsanwaltschaft jetzt wegen des Verdachts der Untreue gegen den CDU-Politiker.

DRESDEN - Biedenkopf wies die Vorwürfe als abenteuerlich zurück, er habe sein Amt selbstherrlich ausgenutzt, um sich und seiner Ehefrau private Vorteile zu verschaffen und einen Freund zu begünstigen. Ihm wird von der SPD vorgeworfen, dem Land Sachsen durch besonders günstige Mieten für seine Dienstwohnung einen Schaden in Höhe von 76.700 Euro verursacht zu haben.
Der CDU-Politiker sagte in einem Interview der Zeitschrift "Super Illu", von ihm und seiner Frau sei in der Öffentlichkeit ein Zerrbild gezeichnet worden. "Wenn mir etwas fremd ist, dann ist es feudales und selbstherrliches Gehabe." Berichte über einen angeblich luxuriösen Lebensstil beruhten auf Unkenntnis und Ignoranz. Biedenkopf zog zugleich eine positive Bilanz seiner Amtszeit. Es sei ihm gelungen, das "im Land vorhandene geistige und industrielle Potenzial zu mobilisieren".

Der Ministerpräsident hatte im Frühjahr 2001 auf öffentlichen Druck rund 120.000 Mark (61.355 Euro) an die Landeskasse gezahlt und war im Spätsommer aus der Dienstwohnung ausgezogen.

Am Mittwoch will Biedenkopf nun den Zeitpunkt seines Rücktrittes bekannt geben. Biedenkopf hatte Anfang Januar angekündigt, sich wesentlich früher als zunächst geplant von seinem Posten zurückzuziehen. Nach früheren Plänen wollte er erst nach der Bundestagswahl im September zurücktreten. Zuletzt hatte es wegen eines Rabatt-Einkaufs beim Möbelhaus Ikea auch bei der CDU Rücktrittsforderungen gegeben.

Wer sein Nachfolger werden soll, ließ Biedenkopf offen. Als aussichtsreichster Kandidat gilt derzeit der frühere Finanzminister Georg Milbradt (CDU), der im Herbst gegen den erklärten Willen Biedenkopfs zum Landesparteivorsitzenden gewählt worden war. Biedenkopf ist seit 1990 Regierungschef. Ein neuer Landtag wird 2004 gewählt.

Unter Druck war der Regierungschef auch wegen des Verdachts der Günstlingswirtschaft in der so genannten Paunsdorf-Affäre geraten. Die Opposition wirft ihm vor, sich zu Lasten des Landes und zu Gunsten eines befreundeten Investors für einen Bürokomplex in Leipzig-Paunsdorf eingesetzt zu haben. Der SPD-Abgeordnete Karl Nolle erstattete in dem Zusammenhang Strafanzeige gegen Biedenkopf bei der Staatsanwaltschaft Leipzig. Nolle hatte zuvor bereits Strafanzeige wegen Untreueverdachts in der Mietaffäre erstattet.