Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 15.01.2002

Ränkespiele

Kommentar von Andreas Novak
 
DRESDEN. Wie ernst ist die sächsische SPD als Opposition zu nehmen, wenn sie sogar eine Krise wie die Affären um den scheidenden Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf nicht nutzt? Wenn sie sich stattdessen an der Forderung nach Neuwahlen aufreibt, die drei Viertel der Sachsen unterstützen?

Die Wähler müssen sich das erst 2004 fragen - die Partei muss jetzt eine Antwort finden.

Die Parteivorsitzende Constanze Krehl stellt sich gegen den Willen von Fraktion und Wählern, macht sich Fraktionschef Thomas Jurk zum Gegner. Der Fall zeigt: Es geht nicht um Sachpolitik, sondern um Ränkespiele. Hinter den Kulissen ist der Streit um die Führung entbrannt. Denn die SPD wähnt sich im Aufwind: Laut Umfragen kann die CDU die absolute Mehrheit verlieren. Eine Lösung des Führungsstreits ist nicht in Sicht. Die Parteibasis muss weiter ohnmächtig zusehen. Eine Generalabrechnung mit der zerstrittenen Spitze wird beim Parteitag im August ausbleiben: So nahe an der Bundestagswahl wäre jeder offene Machtkampf politischer Selbstmord.

Die SPD demontiert sich selbst - mit womöglich verheerenden Folgen. Bleibt die Partei bei der Landtagswahl hinter der PDS, bliebe ihr zum Mitregieren nur eine Koalition mit der CDU. Die Alternative sollte die Sozialdemokraten schaudern lassen: Die Sachsen-SPD könnte als erster Landesverband zum Juniorpartner der PDS werden.
(Andreas Novak)