Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau, 13.12.2001

"Sachsen-König " als "Schnäppchen-König "

Druck auf Ministerpräsident Biedenkopf wächst
 
Lange sechs Sekunden, ein Schweigen, wie eine Ewigkeit. Regierungssprecher Michael Sagurna ringt nach Worten, als eine Journalistin wissen will: Ist der Ministerpräsident amtsmüde? "Die Frage ist berechtigt " , sagt Sagurna endlich und schiebt nach einer weiteren Pause nach: "Ich erkenne das aber nicht, zurzeit, obwohl die Zeit nicht einfach ist. "

Ein 132-Mark-Rabatt beim Möbelhändler Ikea, eine angebliche Lüge vor dem Paunsdorf-Untersuchungsausschuss, eine mögliche Millionen-Begünstigung für seinen Investor-Freund Heinz Barth, die ewigen Ungereimtheiten wegen der Miete in der Schevenstraße und der Nutzung der Dienstwagen haben das Image von Kurt Biedenkopf (CDU) so heftig ramponiert, dass nun eine drängende Frage die Landespolitik beherrscht: Wie lange noch? Wie lange wird sich der 71-jährige Regierungschef noch im Amt halten? Bis nach der Bundestagswahl im Herbst 2002, wie Biedenkopf selber sagt? Oder ist schon in den nächsten Wochen Schluss? Beispielsweise nach der neuerlichen Vernehmung im Paunsdorf-Ausschuss am 10. Januar, der wie ein Ultimatum gedeutet wird. Oder zu seinem 72.

Geburtstag am 28. Januar? Seit gestern wird sogar wieder darüber verhandelt, ob der bisherige Fahrplan einer Amtsübergabe Ende 2002/Anfang 2003 geändert wird­nicht zuletzt auf heftigen Druck der CDU-Landtagsfraktion, die ihren Unmut gestern deutlich zeigte. Tenor: Noch so eine Affäre, und wir können den Regierungschef nicht länger mittragen. Heinz Eggert forderte in der Fraktionssitzung, zu überdenken, ob der Zeitplan und die Strategie noch zu halten seien, wie Eggert auf RUNDSCHAU-Anfrage bestätigte. Biedenkopf habe daraufhin signalisiert, so war zu hören, dass bereits über diese Fragen gesprochen werde. Zudem soll Parteichef Georg Milbradt geäußert haben, dass er die Partei nicht mehr lange zurück halten könne. Als Biedenkopf einräumte, mit seinem Rabatthandel bei Ikea "einen bedauerlichen Fehler " gemacht zu haben, reagierten die Abgeordneten mit eisigem Schweigen. Selbst der sonst getreue Fraktionschef Fritz Hähle gab zu, dass ihn die Geschichte wirklich geärgert habe. Auch das Kabinett befasste sich gestern mit dem Thema.

In der Ministerriege macht sich zunehmend Unlust breit. "Es macht keinen Spass mehr " , sagen Regierungsmitglieder. Inhaltlich herrsche Stillstand, beklagen viele. Schließlich geht es nicht um Peanuts. Seit vielen Wochen bekommt der Ministerpräsident mit den unappetitlichen Geschichten bundesweit ein verheerendes Medienecho. Aus dem "Sachsen-König " ist dabei ein "Schnäppchen-König " geworden. Denn es sind die unseligen Verquickungen privater und öffentlicher Interessen, die den Regierungschef unter Druck bringen.
Von Sven Heitkamp