Karl Nolle, MdL

DNN, 08.10.1999

Der neue SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Jurk

Zur künftigen Politik der Sozialdemokraten im sächsischen Landtag
 
DRESDEN. "Stärker Themen aufnehmen, die die Leute beschäftigen". Die SPD-Fraktion, die durch die Wahl verkleinert wurde, will diesen Nachteil durch intensivere Zusammenarbeit mit Parteifreunden in Berlin und Brüssel ausgleichen, kündigte gestern der neue Fraktionschef Thomas Jurk nach einer Klausurtagung an. Die nun kleinste Oppositionspartei im Landtag hat dabei eine "Spar-Struktur" erarbeitet:
Statt sieben wird es nur noch vier Arbeitskreise geben. Arbeitskreisleiter sind Peter Adler (Innen, Haushalt/Finanzen, Bund/Europa, Recht/ Verfassung), Karl Nolle (Wirtschaft, Energie, Umwelt, Verkehr, Landwirtschaft, Bauen und Wohnen), Gunther Hatzsch (Bildung, Jugend, Kultur) sowie Marlies Volkmer (Soziales, Gesundheit, Familie, Frauen). Unter den Sprechern wird sich u. a. Ex-Partei- und Fraktionschef Karl-Heinz Kunckel um Kultur- und Medienfragen kümmern. Jurk beschrieb im Interview den Weg "aus dem Tal der Tränen".
Frage: Was muss sich in der Arbeit der SPD-Fraktion gegenüber der vergangenen Legislaturperiode ändern?
Thomas Jurk: Die Fraktion ist von 22 auf 14 Abgeordnete geschrumpft. Wir werden uns in der Arbeit auf bestimmte Schwerpunkte konzentrieren müssen.
Die wären?
Das sind Arbeit und Wirtschaft, Kommunales, Bildung und Sozialpolitik. Um klarer erkennbar zu sein, werden wir zuerst zwei Projekte in den Mittelpunkt stellen: den sächsischen Beschäftigungspakt und eine Bildungsoffensive.
Mit diesen Themen hat sich doch schon die alte Fraktion befasst. Haben die Wähler davon nichts gemerkt?
Wir müssen offenbar unsere Themen besser vermitteln. Wir dürfen nach unserer Wahlniederlage nicht erstarren, sondern müssen mit pfiffigen Ideen an die Öffentlichkeit treten.
Wo sind die pfiffigen Ideen?
Die Fraktion, ihr Vorstand und ich werden sie gemeinsam entwickeln. Unsere 14 Abgeordneten sind hoch motiviert und stecken voller Ideen.
Hat die Sachsen-SPD zwischen CDU und PDS überhaupt noch einen Platz?
Natürlich. Wir müssen zeigen, dass wir künftig stärker die Themen aufnehmen, die die Leute beschäftigen. Der PDS ist es außerdem gelungen, der rot-grünen Bundesregierung eine Gerechtigkeitslücke unterzuschieben. Wir werden nun zeigen, dass unsere Politik langfristig trägt, dass es keine realistische, bezahlbare und verfassungskonforme Alternative dazu gibt. Die CDU lebt in erster Linie vom Ansehen des Ministerpräsidenten. Nach seiner Amtszeit muss sie sich positionieren. Das lässt der SPD viel Raum.
Hat sich die Frage, ob die SPD mit der PDS zusammen arbeiten sollte, erledigt?
Die PDS-Fraktion ist mit ihren 30 Mitgliedern so stark, dass sie aus eigener Kraft Untersuchungsausschüsse einsetzen und Verfassungsklagen erheben kann. Die brauchen uns dazu nicht. Wir werden uns auf die Kontrolle der Regierungsarbeit konzentrieren und die Finger in die Wunden der Union legen. In wichtigen Zukunftsfragen gibt es riesige Defizite.
Sie sind Kunckels Nachfolger als Fraktionsvorsitzender geworden. Streben Sie nun auch verantwortungsvollere Parteiämter an?
Das Amt des Fraktionsvorsitzenden bedeutet eine große Verantwortung und ist die größte Herausforderung in meinem bisherigen Leben. Auf diese Aufgabe will ich mich voll konzentrieren.
(Interview Sven Siebert)