Karl Nolle, MdL

zeit-online.de, 18:03 Uhr, 30.11.2012

Dresdner Justiz: Viele Widersprüche im "Sachsensumpf"-Prozess gegen Mandy Kopp und Beatrix E. (Mit Rededokumentation zum Sachsensumpf)

 

 Die Anklage gegen die ehemaligen Zwangsprostituierten Mandy Kopp und Beatrix E. lässt viele Fragen offen. Ein Ende des Prozesses ist noch nicht in Sicht.

Verdrehte Welt. Vier Jahre nach ihren Zeugenaussagen sitzen Mandy Kopp und Beatrix E. heute selbst auf der Anklagebank. Die Dresdener Staatsanwaltschaft wirft den beiden Frauen, die im Alter von 16 Jahren im Leipziger Kinderbordell "Jasmin" zur Prostitution gezwungen wurden, Verleumdung vor. Als Nebenkläger tritt ausgerechnet der pensionierte Richter Jürgen Niemeyer auf, der ihren Zuhälter vor vielen Jahren zu einer sehr milden Haftstrafe verurteilte.

Der Fall wird häufig mit dem sogenannten Sachsensumpf in Verbindung gebracht – ein vermeintlicher Skandal, bei dem sächsische Juristen, Politiker und Polizisten Verbindungen zur organisierten Kriminalität gehabt haben sollen. Diese Anschuldigungen konnten nie bestätigt werden.

Der Prozess gegen Mandy Kopp und Beatrix E. begann im März dieses Jahres. Zum Auftakt bot die Staatsanwaltschaft den Angeklagten einen Deal an. Im Gegenzug zu einer Einstellung des Verfahrens hätten sie ihre Aussagen zurückziehen müssen. Die Frauen lehnten ab, was den Prozess deutlich zeitaufwendiger gestaltete und das Gericht dazu veranlasste, ihn auf November zu vertagen.

Kurz nach seiner Wiederaufnahme musste der Prozess Mitte dieses Monats erneut unterbrochen werden. Beide Angeklagten waren vor Verhandlungsbeginn zusammengebrochen und nach einer ärztlichen Untersuchung für verhandlungsunfähig erklärt worden. Auslöser war wahrscheinlich die Wiederbegegnung mit dem ehemaligen Bordellbetreiber Michael Wüst, den sie zuletzt 1994 bei seinem eigenen Prozess gesehen hatten. Damals war Wüst Angeklagter, die beiden kamen als Zeuginnen; diesmal ist es genau umgekehrt.

Anfang der neunziger Jahre in Leipzig

Wer diese absurde Situation verstehen will, muss 1993 in Leipzig beginnen. Damals stürmt die Polizei das Kinderbordell "Jasmin" und befreit mehrere junge Zwangsprostituierte, darunter Mandy Kopp und Beatrix E. Am Leipziger Landgericht verurteilt dessen späterer Vizepräsident Niemeyer den "Jasmin"-Betreiber Wüst wegen schwerem Menschenhandel, Förderung der Prostitution und sexuellem Missbrauch von Kindern zu vier Jahren und zwei Monaten Haftstrafe. Vielen Beobachtern erscheint diese Strafe auffällig mild und auch die Tatsache, dass die "Jasmin"-Kunden zunächst keinen zu interessieren scheinen, sorgt später für Argwohn.

Die Angelegenheit gerät in Bewegung, als einige Jahre später vermeintliche Verwicklungen der sächsischen Justiz in illegale Immobiliengeschäfte und Kontakte ins Rotlichtmilieu publik werden. 2007 veröffentlicht der sächsische Verfassungsschutz Akten, die die Korruptionsaffäre zunächst zu bestätigen scheinen. Auch Niemeyer gehört zu den Verdächtigten. Daraufhin leitet die Dresdner Staatsanwaltschaft erneut Ermittlungen ein. Die früheren "Jasmin"-Mädchen werden 2008 noch einmal verhört. Anhand von Fotos bestätigen Mandy Kopp und Beatrix E., was sie schon früher gegenüber Journalisten und möglicherweise auch der Polizei äußerten: In Niemeyer wollen sie ihren früheren Freier "Ingo" erkennen. Auch bei Norbert Röger, dem heutigen Präsidenten des Landgerichts Chemnitz, soll es sich um einen ehemaligen "Jasmin"-Kunden handeln.

Die Juristen streiten die Bordellbesuche ab. Dem ZEITMagazin sagt Niemeyer: "Ich weiß nicht, wie die Prostituierten darauf kommen. Sie lügen." Der Ansicht ist offenbar auch die Staatsanwaltschaft, denn das Verfahren in der "Sachsensumpf"-Affäre wird wenig später wegen mangelnder Beweise eingestellt. Stattdessen leiten die Staatsanwälte ein Verfahren gegen Kopp und E. ein – wegen Verleumdung.

"Die Dresdner Staatsanwaltschaft hat weder so tiefgründig noch so fair ermittelt, wie sie es darstellt." Zu diesem Schluss kommen die Journalisten Thomas Datt und Arndt Ginzel 2008 in einem Artikel, den sie für ZEIT ONLINE über den "Sachsensumpf" schreiben. Der Artikel bringt ihnen eine Anklage der Dresdner Staatsanwaltschaft und eine Verurteilung wegen übler Nachrede ein, Geldstrafen von jeweils 2.500 Euro sollen sie bezahlen. Sie gehen in Berufung; das Verfahren läuft derzeit in Dresden.

Im Prozess gegen die beiden Zwangsprostituierten beschuldigt die Staatsanwaltschaft Kopp und E., "wider besseres Wissen falsche Tatsachen" behauptet zu haben. Ihre Angaben seien "ehrenrührig und falsch", steht in der Anklageschrift. Das will die Staatsanwaltschaft anhand verschiedener Widersprüche in den Aussagen der Frauen beweisen. Doch genau das ist das Problem: Es gibt auffällige Abweichungen zwischen dem, was in den Vernehmungsprotokollen steht, und dem, was davon in der Anklageschrift landete. ZEIT ONLINE dokumentiert die Widersprüche:

Narbe

Die Angeschuldigte Kopp "könne sich [bei ihrem ehemaligen Freier 'Ingo'] an eine Narbe über dem Schambereich auf der linken Seite erinnern", steht in der Anklageschrift. Niemeyer bestreitet, eine solche Narbe zu haben. Laut dem Vernehmungsprotokoll vom 19. Februar 2008 sagt Kopp jedoch, dass "Ingo" "an dem ersten Abend einen schwarzen Gürtel trug, der eine silberne Schnalle hatte, die eben halt so eher etwas Feineres war, kein 0815-Gürtel, der war so dick mit Luft drin. Dann kann ich mich erinnern, dass einer eben eine Narbe also über dem Schambereich hatte auf der linken Seite."

In ihrer tatsächlichen Aussage wird also nicht deutlich, ob sie die Narbe "Ingo" oder einem anderen Freier zuordnet. Sie sagt lediglich, dass "einer" eine Narbe gehabt habe. Auf Nachfrage von ZEIT ONLINE bestätigt die Staatsanwaltschaft Kopps Aussage. Gleichzeitig verweist sie darauf, dass Kopp in derselben Vernehmung einen zweiten Freier erwähnt, der ebenfalls unter dem Decknamen "Ingo" verkehrte. Dass sie sich nicht mehr erinnern kann, welcher der beiden "Ingos" die Narbe gehabt haben soll, wird in der Anklageschrift gegen sie verwendet.

(K)ein spendabler Freier?

In der Anklage heißt es: "Auch im Übrigen gehen die Angaben der Angeschuldigten Kopp und E. zum Freier 'Ingo' nicht mit den weiteren Ermittlungsergebnissen konform. Insbesondere die Angabe, 'Ingo' sei ein besonders spendabler Freier gewesen, der stets 500 DM bezahlte, wurde weder durch die anderen vernommenen Prostituierten [wie die Staatsanwaltschaft die Mädchen konsequent nennt] noch durch [den Zuhälter] Wüst bestätigt."

Damit weckt die Anklageschrift den Anschein, dass sowohl Kopp als auch E. hinter der Angabe von 500 DM stehen. Tatsache ist jedoch, dass die Aussage alleine auf E. zurückgeht. Kopp hat vor Gericht nie behauptet, dass "Ingo" stets 500 DM bezahle.

"Der hat damals glaub ich so 400 oder 500 Mark damals dagelassen", sagt Kopp am 14. Januar 2008. Am 19. Februar 2008 wiederholt sie ihre Aussage, dass sie an einem Abend mit "Ingo" "definitiv zwischen 400 und 500 Mark verdient" habe.

Der Abschnitt aus der Anklageschrift beruhe "hauptsächlich auf Aussagen einer Angeklagten", bestätigt die Staatsanwaltschaft auf Nachfrage von ZEIT ONLINE. Kopps Aussage bezüglich der 400 bis 500 DM sei an früherer Stelle ebenfalls in der Anklageschrift zitiert. Die Aussage wird später jedoch nicht wieder aufgegriffen. Darauf, dass das Dokument dadurch verwirrend – wenn nicht widersprüchlich – wird, geht die Staatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme nicht ein.

Mehrfache Einzeleinnahmen von 500 DM seien den vorliegenden "Kassenbüchern" des Bordells nicht zu entnehmen, steht in der Anklageschrift. In dem Kassenbuch des "Jasmin", das die Polizei 1993 beschlagnahmte, sind bei beiden Mädchen jedoch Einnahmen von 400 DM notiert – was Kopps Aussage stützt. Davon erwähnt die Anklageschrift nichts. Auch auf Nachfrage sieht die Staatsanwaltschaft jedoch nicht ein, warum das ein Problem sein sollte.

Rahmenlose Brille

In der Einstellungsverfügung des "Sachsensumpf"-Prozesses 2008 werden die beiden Frauen beschuldigt, sie hätten Niemeyer fälschlicherweise eine rahmenlose Brille zugeordnet. Die Staatsanwaltschaft begründet die Einstellung des Verfahrens unter anderem damit, "dass die Zeuginnen Kopp und E. in Wirklichkeit keine tatsächlichen Freier 'wiedererkannt' haben, sondern vielmehr solche Personen, die sie aus vorherigen Lichtbildvorlagen im Gedächtnis hatten".

Diesen Vorwurf stützt die Staatsanwaltschaft auf ihre "übereinstimmende Beschreibung einer 'rahmenlosen Brille' bei dem angeblichen Freier 'Ingo'". Den Zeuginnen seien 2008 aktuelle Fotos von Niemeyer mit einer rahmenlosen Brille gezeigt worden. Doch der beharrt zunächst darauf, Anfang der neunziger Jahre keine solche Brille getragen zu haben. In einem Brief an die Staatsanwaltschaft bedauert er, dass es ihm "aus zeitlichen Gründen bisher leider noch nicht möglich" gewesen sei, ein Foto aus der besagten Zeit herauszusuchen. Er wolle dies nachholen. Das hat er bis heute nicht getan.

Doch die Staatsanwaltschaft gibt sich mit einer Bestätigung des beisitzenden Richters im "Jasmin"-Prozess sowie einem Zeitungsfoto aus dem Jahr 1995 zufrieden. Auf dem Foto trägt Niemeyer eine Brille mit sehr dünnem Rand. Ohne große Mühe könnte man sie jedoch auch als "rahmenlos" beschreiben, denn das Gestell umschließt nur die obere Hälfte der Gläser.

Kopp sprach von einer "rahmenlosen Brille". E. erinnert sich dagegen auch an einen silbernen, doppelstegigen Nasenrücken und silberne Bügel.Beide Ergänzungen beschreiben exakt die Einzelteile der Brille auf dem Zeitungsfoto.

Ganz ähnlich lautet auch die Beschreibung der zweiten beisitzenden Richterin im "Jasmin"-Prozess. Es sei eine "relativ unauffällige Brille" gewesen, sagt sie. "Also nicht mit sehr dicken Bügeln oder so. Es war immer sehr dezent." Ob rahmenlos oder nicht, kann sie sich nicht mehr erinnern. Ihre Aussage taucht in der Einstellungsverfügung mit keinem Wort auf.

In puncto Brille sieht die Staatsanwaltschaft schließlich ein, dass das "Beweisfoto" und die Zeugenaussagen einige Zweifel zulassen. In der Anklageschrift vom 26. November 2008 tauchen die angeblich falschen Aussagen der Zeuginnen Mandy Kopp und Beatrix E. zur "rahmenlosen Brille" nicht mehr auf. Stattdessen wird Kopp jetzt beschuldigt, widersprüchliche Angaben zur Brille gemacht zu haben. In einem Zeitungsartikel der Süddeutschen Zeitung vom 2. April 2008 habe sie von einer Brille "mit sehr feinem Rahmen" gesprochen und sei damit von ihrer Zeugenaussage abgewichen.

Auch auf Nachfrage erkennt die Staatsanwaltschaft nicht, warum es sich hier um eine Abweichung zwischen der Einstellungsverfügung und der Anklageschrift handeln solle. Stattdessen merkt sie nun an, dass dem Indiz "Brille" keine übermäßige Bedeutung zugemessen werden dürfe. Denn "bereits der Versuch, die Brille eines angeblichen Freiers nach fünfzehn Jahren detailliert beschreiben zu wollen" erscheint ihr "nahezu ausgeschlossen".

Die Staatsanwaltschaft beschuldigt die Angeklagten also einerseits, widersprüchliche Aussagen über eine lang zurückliegende Angelegenheit gemacht zu haben. Gleichzeitig weist sie jedoch darauf hin, dass eine lückenlose Erinnerung an alle Details nach fünfzehn Jahren kaum möglich sei.

Zeugen verheddern sich in Widersprüche

Um lückenhafte Erinnerungen geht es auch am 13. November 2012 im Prozess gegen Datt und Ginzel. Dort wird Niemeyer, an diesem Tag als Zeuge geladen, mit einem weiteren, bisher unveröffentlichten Foto aus dem Jahr 1993 konfrontiert, auf dem er eindeutig eine größtenteils rahmenlose Brille trägt. Plötzlich erinnert er sich wieder. Und seine kategorische Verneinung von 2008? "Eine Erinnerungslücke."

Niemeyer ist nicht der einzige Zeuge, der sich inzwischen in Widersprüche verheddert hat. Die Ehefrau des Chemnitzer Richters Röger schließt nicht mehr aus, dass ihr Mann zu Anfang der neunziger Jahre an manchen Abenden möglicherweise auch alleine unterwegs war. Damit verliert Röger sein Alibi. Der ehemalige "Jasmin"-Betreiber Wüst hat sich nach Einschätzung der Verteidigung mit seinen widersprüchlichen Aussagen sogar so unglaubwürdig gemacht, dass er als Zeuge unbrauchbar geworden ist. Sollte sich dies bestätigen, wäre es ein kleiner Sieg für die Angeklagten, denn ein Teil der Anklage stützt sich auf Wüsts Aussagen vor der Staatsanwaltschaft. "Bis zum Abbruch waren die Anwälte der Frauen mit dem Verlauf des Prozesses sehr zufrieden", sagt Thomas Datt, der den Prozess in Dresden verfolgte.

In diesem Verfahren steht viel auf dem Spiel. Nicht nur für Mandy Kopp und Beatrix E., sondern auch für die sächsische Justiz. Im März soll der Prozess wieder aufgenommen werden.

Von: Stefanie Schütten
 



Heute so aktuell wie damals - was ich am 26.6. 2009 zum Sachsensumpf gesagt habe !!!

Eine Sächsische Spezialität - das Ermittlungsverfahren als Strafe - TOP „Unterrichtung durch den 2. Untersuchungsausschuss der 4. Wahlperiode“

Rede von Karl Nolle, MdL, SPD Obmann im Sachsensumpf Untersuchungsausschuss im Plenum des Sächsischen Landtages am 26. Juni 2009

+++ Es gilt das gesprochene Wort!+++

Unsere Position als Sozialdemokraten zu dem Thema, war immer - ohne Ansehen von Ämtern, Personen und Parteizugehörigkeiten - lückenlos parlamentarisch aufzuklären.

Die verfassungswidrige Blockade der CDU hat aus Leipzig gleich zweimal die Quittung bekommen. Die herrschenden CDU Eliten unseres Landes stehen nicht zum ersten Mal mit der Verfassung auf Kriegsfuß.

Nach wie vor ist die Mehrheit der im Raume stehenden Vorwürfe gar nicht oder nicht abschließend untersucht worden. Das Thema bleibt und muss weiter aufgeklärt werden.

Was wurde nicht alles versucht, um zu vernebeln und zu verwirren, dabei haben die christdemokratischen Märchenerfinder die Gebrüder Grimm weit hinter sich gelassen.

So wurde die Idee von den streng geheimen 15.000 Seiten Märchen geboren - von durchgeknallter Referatsleiterin und rachsüchtigem Kripomann. Entweder waren es beide gemeinsam oder eben die Referatsleiterin alleine, lautete der interne Marschbefehl. Nachzulesen in CDU-internen Leitpapieren zum Ausschuss.

Diese Diffamierungsstrategie, ist gründlich daneben gegangen. Nach der Befragung von fast zwei Dutzend Zeugen zeigt sich ein viel differenziertes Bild.

Selbst die unterirdische Rede von Minister Buttolo entstammt in Wirklichkeit der Feder eines irregeleiteten Beamten des SMI, der heute –zur Belohnung und wohl um seinen Mund zu halten – stellvertretender sächsischer Polizeipräsident ist.

Aber was ist denn eigentlich der wahre Sachsensumpf? Sind es die Ereignisse in Leipzig oder ist es der sachsenspezifische Umgang mit diesen Vorgängen?

Es fällt ins Auge, dass sich bisher kein unabhängiges Gericht mit dem Sachsensumpf (und schon garnicht abschließend) beschäftigt hat, allenfalls sind die in Sachsen besonders weisungsgebunden Staatsanwaltschaften und unter diesen vor allem die, örtlich gar nicht zuständige, Staatsanwaltschaft Dresden, tätig geworden.

Bei diesen Herren geht es eigentlich nur um den Schutz des Staates vor der üblen Nachrede des Sumpfes. Das heißt bei ihnen: Schutz vor den Ermittlern, Zeugen, Journalisten, Abgeordneten und allen anderen, die es für möglich halten, dass in Leipzig etwas Ungesetzliches passiert sein könnte.

Das scheint mir der eigentliche Sumpf zu sein, und dessen Urheber müssen wir fassen, um den Sumpf wirklich trocken zu legen. Wir sollten uns dann nicht wundern, wenn unter diesem Sumpfpflegern sogar Staatsanwälte zu finden sind, die sich bei Polizisten Strafanträge zu besorgen versuchen, um Journalisten verfolgen zu können. Herr Oberstaatsanwalt Schwürzer von der Staatsanwaltschaft Dresden ist ein großer Spezialist in diesem Metier. Er versteht auch etwas von rechtswidriger Telefonüberwachung und der Verfolgung Unschuldiger und findet hierfür den Schutz seiner Vorgesetzten bis hinein ins Justizministerium.

Wen wundert es, hat doch „Generalstaatsanwalt Ministerpräsident Milbradt“ bereits nach Studium des Aktenmaterials festgestellt, dass alles nur heiße Luft ist.

Doch da sind wir schon beim Problem. Warum lässt man die Justiz nicht endlich die Arbeit machen, für die sie geschaffen ist? Diese und andere Fragen werden uns über die Wahl hinaus in die nächste Legislaturperiode begleiten. Sie werden selbstverständlich Gegenstand der Wahlauseinandersetzung sein.

Nicht nur im Zusammenhang mit dem sogenannten Sachsensumpf fällt eine Verrohung des Umgangs der Staatsanwaltschaft mit dem Institut des Ermittlungsverfahrens auf.

Ermittlungsverfahren werden sehr schnell eingeleitet, dauern elend lange und scheinen bei einigen Personen, die missliebig sind, gar nicht enden zu wollen. Zwar erklärt der Justizminister immer wieder, dass die sächsische Justiz sich an einer schnellen Erledigung ihrer Verfahren messen lassen wolle, aber dies scheint für Ermittlungsverfahren gegen politisch missliebige Personen nicht zu gelten.

Da gibt es dann Verfahren, die älter als zwei Jahre sind und bei denen man hofft, dass sie ehrenrührig sind, rufschädigend und auch die wirtschaftliche Kreditwürdigkeit unterminierend. Damit man den Gegner, wenn man ihn politisch schon nicht besiegen kann, doch auf diese andere Weise aus dem Feld schlagen kann.

So wird in Sachsen das Ermittlungsverfahren bereits zur Strafe, was nichts anderes bedeutet, als dass ein strafprozessuales Instrument des Rechtsstaates missbraucht wird.

Eine Strafe darf im freiheitlich demokratischen Rechtsstaat nur vom Richter verhängt werden, nicht aber vom Staatsanwalt.

Für manch einen eine Neuigkeit - denn das konnte man früher weder in Potsdam (auf der Hochschule für Staat und Recht der DDR) noch in Burgscheidungen (der Kaderschmiede der Block CDU) lernen.

Im übrigen denken diejenigen zu kurz, die das für besonders trickreich halten, denn wenn es so weitergeht, wird es im Freistaat Sachsen zum guten Ton gehören, ein Ermittlungsverfahren bei den Mackenroths und Schwürzers zu haben, denn wer von den richtigen Leuten verfolgt wird, darf sicher sein, dass er ein rechter Kerl ist.

Und bestraft werden kann er ohnehin nur, wenn sich ein unabhängiges Gericht findet, was die Mackenroths und die Schwürzers offenbar zu fürchten haben, wie der Teufel das Weihwasser.

Der Wahlkampf wird spannend werden, wenn uns der sorbische Verwandlungskünstler erklären muss, wie Georgs Bank, Georgs Sumpf und Georgs Brücke als großartige Erfolge der sächsischen Politik zu verstehen sind.