Karl Nolle, MdL

sueddeutsche.de, 14:21 Uhr, 27.04.2012

Verwaltungsgericht kippt Extremismusklausel - Eine Einladung zur Gesinnungsschnüffelei

 
Ein Kommentar von Tanjev Schultz

Die "Extremismusklausel", die Kristina Schröder von Antifa-Gruppen verlangt, ist ein Akt der Demütigung: Wer sich gegen Neonazis auflehnt, soll erst versichern, dass er selbst ein lupenreiner Demokrat ist. Das ist so, als würden Patienten von ihrem Zahnarzt einen Nachweis verlangen, wie gründlich er sich selbst die Zähne putzt.

Es gäbe allen Grund stolz zu sein, auf die vielen Vereine und Initiativen, die über Rechtsextremismus aufklären und sich Neonazis in den Weg stellen. Diese Zivilcourage ist auch deshalb nötig, weil der Staat nicht immer entschlossen genug gegen braune Umtriebe vorgeht. Und dann stellt die Bundesregierung die Initiativen auch noch unter einen Generalverdacht. Die "Extremismusklausel", die Familienministerin Kristina Schröder von AntifaGruppen verlangt, wenn sie Fördergelder beantragen, ist ein Akt der Demütigung: Wer sich gegen Neonazis auflehnt, soll erst einmal versichern, dass er selbst ein lupenreiner Demokrat ist. Das ist so, als würden Patienten von ihrem Zahnarzt einen Nachweis verlangen, wie gründlich er sich selbst die Zähne putzt.

Mit der "Demokratieerklärung" sollen die Vereine sogar für die Partner bürgen, mit denen sie zusammenarbeiten. Das ist eine Einladung zur Gesinnungsschnüffelei, die man seit den Erfahrungen mit dem Radikalenerlass der siebziger Jahre für überwunden hielt. Sicherlich gibt es linksextreme, militante Autonome, deren Treiben weder der Staat noch die couragierten Bürger, die gegen Neonazis protestieren, gutheißen sollten. Gewalttäter sind aber ein Fall für die Polizei, nicht für irgendwelche Gesinnungshüter in den Antifa-Organisationen.

Das Verwaltungsgericht Dresden hat die Extremismusklausel für zu unbestimmt und damit für rechtswidrig erklärt. Die Ministerin zeigt sich davon unbeeindruckt. Nachdem immer deutlicher wird, wie sehr die Behörden im Falle der rechten Terrorgruppe NSU versagt haben, sollte sich aber auch Kristina Schröder mal fragen, ob der Staat beim Kampf gegen Rechts immer richtig liegt.