Karl Nolle, MdL
spiegel-online, 14:42 Uhr, 20.08.2012
Pannen bei NSU-Ermittlungen: SPD will grundlegende Reform des Verfassungsschutzes
Umzug nach Berlin, mehr Kontrolle über V-Leute und die Stärkung der Bundesebene - die SPD hat eine grundlegende Reform des Verfassungsschutzes vorgelegt. Demnach sei nach den groben Fehlern bei den NSU-Ermittlungen eine Mentalitätswechsel notwendig.
Berlin - Die SPD fordert eine tiefgreifende Reform des Verfassungsschutzes. Zentraler Punkt des Eckpunktepapiers, das die Sozialdemokraten in Berlin vorlegten, ist die Verlagerung der Abteilung Rechtsextremismus und des Gemeinsamen Abwehrzentrums gegen Rechtsextremismus (GAR) nach Berlin. Ein solcher Umzug sorge für frischen Wind und die notwendige Professionalisierung, sagte Thomas Oppermann, der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagfraktion. Laut Oppermann befindet sich der Verfassungsschutz "in der schwersten Krise in der Geschichte der Bundespolitik".
Außerdem soll der Einsatz von V-Leute auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden und künftig von einem Kontrollgremium, der G10-Kommission, jeweils geprüft und genehmigt werden. "Wir brauchen einen Verfassungsschutz, der die Demokratie schützt, und nicht sich selber vor unangenehmen Fragen", so Oppermann. Ein fundamentaler Mentalitätswechsel sei notwendig.
Eine weitere Forderung ist die Stärkung der Bundesebene, Oppermann sprach sich aber zugleich gegen die Auflösung der Landesämter für Verfassungsschutz aus. Dabei müsse die Pflicht zum Informationsaustausch aber gesetzlich festgeschrieben werden. Des Weiteren soll das Kontrollgremium des Bundestags für die Geheimdienste mit mehr Personal ausgestattet und unter die Führung eines leitenden Beamten gestellt werden.
Innenminister Friedrich hatte Umzug bereits abgelehnt
Vor zwei Wochen hatte Innenminister Hans-Peter Friedrich (CDU) einen Umzug des Hauptsitzes von Köln nach Berlin im SPIEGEL ausgeschlossen: "Ich mache die Leute jetzt nicht verrückt, ein Umzug ist nicht das Primäre." Anfang Juli hatte es zwischen der Union und der SPD bereits Streit über die Reform gegeben. Beide Parteien arbeiten an eigenen Konzepten, obwohl sie angekündigt hatten, zusammenarbeiten zu wollen.
Dem Verfassungsschutz waren bei den Ermittlungen zur rechtsextremistischen Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) schwerwiegende Fehler unterlaufen. Seitdem steht die Behörde stark in der Kritik. Opposition und das Bundesministerium des Inneren wollen den Verfassungsschutz reformieren. Danach war zudem bekannt geworden, dass nach dem Auffliegen der NSU im Bundesamt für Verfassungsschutz Akten des Falls vernichtet worden waren.
max/dpa/dapd