Karl Nolle, MdL
Agenturen, dapd, 14:21 Uhr, 13.08.2012
BGH prüft Fortdauer der Untersuchungshaft für Zschäpe - Anklage für mutmaßliches NSU-Mitglied erfolgt wohl im Herbst
Karlsruhe (dapd-lsc). Für das mutmaßliche NSU-Mitglied Beate Zschäpe beginnt in dieser Woche der nächste Haftprüfungstermin. Das Gesetz schreibt die Prüfung alle drei Monate vor. Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) zuletzt am 18. Mai die Untersuchungshaft bestätigt hatte, muss der Staatsschutzsenat des BGH nun erneut entscheiden. Dabei wird zum einen geprüft, ob weiterhin ein dringender Tatverdacht besteht und zweitens, ob Zschäpe wegen Flucht- oder Verdunklungsgefahr weiter im Untersuchungsgefängnis bleiben muss.
Spekulationen, wonach die Bundesanwaltschaft die mutmaßliche Mitbegründerin der rechtsterroristischen NSU noch im Sommer anklagen wird oder bei der aktuellen Haftprüfung den Entwurf vorlegen wird, haben sich nicht bestätigt. Der Sprecher der Behörde, Marcus Köhler, sagte auf Anfrage von dapd: «Wir streben den Abschluss der Ermittlungen gegen die Hauptbeschuldigte Zschäpe bis Herbst 2012 an. Vorher kann eine Anklage nicht erhoben werden.» Auf eine engere zeitliche Eingrenzung auf September, Oktober oder November legte sich Köhler nicht fest.
Dass vor Abschluss der Ermittlungen dem BGH ein Anklage-Entwurf vorgelegt wird, gilt nicht als üblich. Wahrscheinlich wird die Bundesanwaltschaft dem BGH aber mitteilen, ob solch ein Entwurf bereits erarbeitet ist und wann die Anklageschrift spätestens fertig ist. Denn die Zeit drängt. Zschäpe stellte sich im November 2011 der Polizei und sitzt seither im Untersuchungsgefängnis. Das Gesetz sieht Untersuchungshaft über ein halbes Jahr hinaus aber nur in Ausnahmefällen vor. Nur «ein wichtiger Grund oder der besondere Umfang der Ermittlungen» können laut Paragraf 121 der Strafprozessordnung eine Inhaftierung über sechs Monate hinaus rechtfertigen. Generalbundesanwalt Harald Range muss nach neun Monaten also begründen, warum und wie lange die Beschuldigte weiter ohne Anklage im Kölner Gefängnis sitzen soll. Nach Vorlage der Akten erhält die Verteidigung Gelegenheit zur Stellungnahme, erst danach entscheidet der 3. Strafsenat des BGH, der gleichzeitig Staatsschutzsenat ist.
Inzwischen verdichten sich die Hinweise, dass die 37-Jährige mit einer Anklage wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und gefährlicher Brandstiftung nicht davonkommen wird. Mittäterschaft an den Morden der rechten Terrororganisation und versuchter Mord an einer 89-jährigen Hausnachbarin könnten dazu kommen. Denn als Zschäpe am 4. November 2011 die Wohnung in Zwickau mit Benzin in Brand setzte, gefährdete sie womöglich das Leben der alten Frau im angrenzenden Haus. Außerdem sollen Handwerker im Haus gewesen sein, die bei Ausbruch des Feuers wohl gerade beim Bäcker waren. Sofern Zschäpe aber davon ausgehen musste, dass sich die Männer im Haus aufhielten, hätte sie auch deren Tod riskiert.
Weiter sollen die Ermittler auf zwei Zeitungsausschnitten Zschäpes Fingerabdrücke sichergestellt haben. Dort wurde von den Ausländermorden in München und dem Sprengstoffanschlag in Köln berichtet. Die Zeitungsausschnitte wurden auch in dem Bekennervideo des NSU verwendet. Ein Indiz, dass Zschäpe wohl nicht nur in die Morde und Anschläge eingeweiht war, sondern auch an dem Bekennervideo mitarbeitete.
dapd/T2012081351148/uk/stu
131421 Aug 12